Entscheidung

Entscheidung Nr. 2011-151 QPC vom 13. Juli 2011

Herr Jean-Jacques C. [Zuerkennung eines Vermögenswertes als Ausgleichszahlung]

Der Verfassungsrat ist am 17. Mai 2011 gemäß den von Artikel 61-1 der Verfassung vorgesehenen Voraussetzungen vom Kassationsgerichtshof (Erster Zivilsenat, Beschluss Nr. 552 vom 17. Mai 2011) bezüglich einer von Herrn Jean-Jacques C. erhobenen vorrangigen Frage zur Verfassungsmäßigkeit angerufen worden, welche die Frage der Vereinbarkeit von Punkt 2o des Artikels 274 des Zivilgesetzbuches mit den von der Verfassung verbürgten Rechten und Freiheiten zum Gegenstand hat.

DER VERFASSUNGSRAT,

Unter Bezugnahme auf die Verfassung;

Unter Bezugnahme auf die geänderte gesetzesvertretende Verordnung Nr. 58-1067 vom 7. November 1958, Verfassungsergänzungsgesetz über den Verfassungsrat;

Unter Bezugnahme auf das Zivilgesetzbuch;

Unter Bezugnahme auf die Geschäftsordnung vom 4. Februar 2010 über das Verfahren vor dem Verfassungsrat bei vorrangigen Fragen zur Verfassungsmäßigkeit;

Unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Premierministers, eingetragen am 8. Juni 2011;

Unter Bezugnahme auf die für den Antragsteller von der Rechtsanwaltskanzlei Jean-Alain Blanc und Jérôme Rousseau, beim Staatsrat und beim Kassationsgerichtshof zugelassene Anwälte, und von Frau RAin Muriel Gestas, Rechtsanwältin der Anwaltskammer von Draguignan, eingereichte Stellungnahme, eingetragen am 23. Juni 2011;

Unter Bezugnahme auf die zu den Verfahrensakten gegebenen Unterlagen;

Nachdem Herr RA Jérôme Rousseau für den Antragsteller und Herr Xavier Pottier, Beauftragter des Premierministers, im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 28. Juni 2011 gehört worden sind;

Nachdem der Berichterstatter gehört worden ist;

  1. In Erwägung dessen, dass der Artikel 274 des Zivilgesetzbuches die Modalitäten festlegt, nach welchen das Familiengericht entscheidet, wie die Ausgleichszahlung in Form einer Kapitalabfindung erfüllt werden soll; dass der Punkt 2o dieses Artikels eine „Zuerkennung von Vermögenswerten als Eigentum oder eines zeitlich beschränkten oder auf Lebenszeit eingeräumten Nutzungs-, Wohn- oder Nießbrauchrechts [vorsieht], wobei durch den Gerichtsbeschluss die Zwangsabtretung zugunsten des Gläubigers bewirkt wird. Jedoch ist die Einwilligung des zur Leistung verpflichteten Ehegatten erforderlich, wenn das Eigentum an Vermögenswerten, die er im Zuge einer Erbschaft oder einer Schenkung erworben hat, übergehen soll“;

  2. In Erwägung dessen, dass der Antragsteller behauptet, diese Vorschrift verstoße gegen Artikel 17 der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789, da sie dem Richter erlaube, einen Vermögenswert eines zur Leistung einer Ausgleichszahlung Verurteilten zwangsweise zuzuerkennen;

  3. In Erwägung dessen, dass das Eigentum zu den von den Artikeln 2 und 17 der Erklärung von 1789 geschützten Menschenrechten gehört; dass Artikel 17 der Erklärung von 1789 vorschreibt: „Da das Eigentum ein unverletzliches und heiliges Recht ist, kann es niemandem genommen werden, wenn es nicht die gesetzlich festgelegte, öffentliche Notwendigkeit augenscheinlich erfordert und unter der Bedingung einer gerechten und vorherigen Entschädigung“, dass, auch wenn kein Entzug des Eigentums vorliegt, aus Artikel 2 der Erklärung von 1789 nichtsdestoweniger folgt, dass die Schranken des Eigentumsrechts durch Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt und im Hinblick auf den verfolgten Zweck verhältnismäßig sein müssen;

  4. In Erwägung dessen, dass es dem für die Bestimmung der Grundsätze des Eigentumsrechts, des Sachenrechts, sowie des zivil- und handelsrechtlichen Schuldrechts zuständigen Gesetzgeber obliegt, die Art und Weise festzulegen, mit der die Vermögensrechte der Gläubiger und der Schuldner zwecks Begleichung zivil- und handelsrechtlicher Ansprüche miteinander in Einklang gebracht werden sollen; dass die Zwangsvollstreckung in Vermögensrechte des Schuldners zu den Maßnahmen gehört, die diesem Zweck dienen;

  5. In Erwägung dessen, dass, erstens, die Ausgleichsleistung gemäß Artikel 270 Absatz 2 des Zivilgesetzbuches dazu dient, „soweit dies möglich ist, das Missverhältnis auszugleichen, das aufgrund der Zerrüttung der Ehe in den jeweiligen Lebensverhältnissen der ehemaligen Ehegatten entstanden ist“; dass der Artikel 271 vorsieht, dass diese Leistung vom Gericht je nach den Bedürfnissen des Ehepartners, dem sie zusteht, und der Leistungsfähigkeit des anderen Ehepartners festgesetzt wird; dass die Zuerkennung durch das Scheidungsgericht eines Vermögenswertes eines der Ehepartner an den anderen dazu dient, die Leistung der vom Schuldner dem anderen Ehepartner geschuldeten Ausgleichszahlung sicherzustellen; dass diese Zuerkennung eine Zahlungsmodalität für eine gerichtlich festgestellte Leistungspflicht darstellt; dass daraus folgt, dass, wenngleich die zwangsweise Zuerkennung eines Vermögenswertes dazu führt, dass dem die Leistung schuldenden Ehepartner das Eigentum an diesem Vermögenswert entzogen wird, so fällt dies jedoch nicht in den Geltungsbereich von Artikel 17 der Erklärung von 1789;

  6. In Erwägung dessen, dass, zweitens, zum einen der Gesetzgeber mit der Ermöglichung der in Artikel 274 Punkt 2o des Zivilgesetzbuches vorgesehenen zwangsweisen Zuerkennung eines Vermögenswertes die Bildung von Kapital zur Begleichung der vermögensrechtlichen Folgen der Scheidung zu deren Zeitpunkt begünstigen wollte; dass der Gesetzgeber ebenfalls die Entrichtung der Ausgleichszahlung sicherstellen wollte; dass das von ihm verfolgte Ziel, nämlich den Schutz des wirtschaftlich schlechter gestellten Ehegatten zu gewährleisten und, soweit möglich, die Schwierigkeiten und Streitsachen nach Verkündung der Scheidung einzudämmen, einen Grund von Allgemeininteresse darstellt;

  7. In Erwägung dessen, dass zum anderen die zwangsweise Zuerkennung eines Vermögenswertes durch das Gericht angeordnet wird, welches auch die Höhe der Ausgleichszahlung festsetzt; dass die Parteien vor dem Gericht die Möglichkeit haben, im Rahmen des Verfahrens über den Wert des zugesprochenen Vermögenswertes zu streiten; dass gemäß dem Punkt 2o von Artikel 274 des Zivilgesetzbuches die Einwilligung des zur Leistung verpflichteten Ehegatten erforderlich ist, wenn das Eigentum an Vermögenswerten, die er im Zuge einer Erbschaft oder einer Schenkung erworben hat, übergehen soll;

  8. In Erwägung dessen, dass jedoch gemäß dem Punkt 1o von Artikel 274 des Zivilgesetzbuches die Ausgleichszahlung in Form einer Kapitalabfindung auch durch die Zahlung eines Geldbetrages erfolgen kann, wobei der Ausspruch der Scheidung von der Abgabe von Garantien abhängig gemacht werden kann; dass die von Punkt 2o dieses Artikels ermöglichte zwangsweise Zuerkennung eines Vermögenswertes nur dann im Hinblick auf das verfolgte Ziel von Allgemeininteresse als verhältnismäßig angesehen werden kann, wenn diese Möglichkeit gegenüber einer Ausgleichszahlung in Form einer Kapitalabfindung subsidiär ist; dass sie infolgedessen vom Gericht nur dann angeordnet werden darf, wenn bei Berücksichtigung der Sachlage des jeweiligen Falles die vom Punkt 1o vorgesehenen Modalitäten als nicht ausreichend erscheinen, um die Leistung dieser Ausgleichszahlung zu gewährleisten; dass die zwangsweise Zuerkennung eines Vermögenswertes als Ausgleichszahlung unter diesem Vorbehalt nicht gegen Artikel 2 der Erklärung von 1789 verstößt;

  9. In Erwägung dessen, dass der Punkt 2o von Artikel 274 des Zivilgesetzbuches auch nicht gegen andere von der Verfassung verbürgte Rechte und Freiheiten verstößt,

ENTSCHEIDET:

Artikel 1 - Unter dem in der Erwägung 8 zum Ausdruck gebrachten Vorbehalt ist der Punkt 2o von Artikel 274 des Zivilgesetzbuches verfassungsgemäß.

Artikel 2 - Diese Entscheidung wird im Amtsblatt der Französischen Republik veröffentlicht und gemäß den Vorschriften des Artikels 23-11 der oben genannten gesetzesvertretenden Verordnung vom 7. November 1958 zugestellt.

Beschlossen durch den Verfassungsrat in seiner Sitzung vom 12. Juli 2011, an der teilgenommen haben die Damen und Herren Jean-Louis DEBRÉ, Präsident, Jacques BARROT, Claire BAZY MALAURIE, Guy CANIVET, Michel CHARASSE, Renaud DENOIX de SAINT MARC, Hubert HAENEL und Pierre STEINMETZ.

Veröffentlicht am 13. Juli 2011.

Les abstracts

  • 4. DROITS ET LIBERTÉS
  • 4.7. DROIT DE PROPRIÉTÉ
  • 4.7.2. Champ d'application de la protection du droit de propriété
  • 4.7.2.2. Domaines d'application
  • 4.7.2.2.4. Créances

Il appartient au législateur, compétent en application de l'article 34 de la Constitution pour déterminer les principes fondamentaux du régime de la propriété, des droits réels et des obligations civiles et commerciales, de définir les modalités selon lesquelles, pour permettre le paiement des obligations civiles et commerciales, les droits patrimoniaux des créanciers et des débiteurs doivent être conciliés. L'exécution forcée sur les biens du débiteur est au nombre des mesures qui tendent à assurer cette conciliation.

(2011-151 QPC, 13 Juli 2011, cons. 4, Journal officiel du 14 juillet 2011, page 12250, texte n° 83)
  • 4. DROITS ET LIBERTÉS
  • 4.7. DROIT DE PROPRIÉTÉ
  • 4.7.4. Protection contre la privation de propriété
  • 4.7.4.1. Notion de privation de propriété

En vertu du deuxième alinéa de l'article 270 du code civil, la prestation compensatoire est " destinée à compenser, autant qu'il est possible, la disparité que la rupture du mariage crée dans les conditions de vie respectives ". L'article 271 prévoit que cette prestation est fixée par le juge selon les besoins de l'époux à qui elle est versée et les ressources de l'autre. L'attribution, décidée par le juge du divorce, d'un bien dont un époux est propriétaire a pour objet d'assurer le paiement de la dette dont il est débiteur au profit de son conjoint au titre de la prestation compensatoire. Elle constitue une modalité de paiement d'une obligation judiciairement constatée. Il en résulte que, si l'attribution forcée d'un bien à titre de prestation compensatoire conduit à ce que l'époux débiteur soit privé de la propriété de ce bien, elle n'entre pas dans le champ d'application de l'article 17 de la Déclaration de 1789.

(2011-151 QPC, 13 Juli 2011, cons. 5, Journal officiel du 14 juillet 2011, page 12250, texte n° 83)
  • 4. DROITS ET LIBERTÉS
  • 4.7. DROIT DE PROPRIÉTÉ
  • 4.7.5. Contrôle des atteintes à l'exercice du droit de propriété
  • 4.7.5.1. Principe de conciliation avec des objectifs d'intérêt général

En l'absence de privation du droit de propriété au sens de l'article 17 de la Déclaration de 1789, il résulte néanmoins de son article 2 que les limites apportées à l'exercice du droit de propriété doivent être justifiées par un motif d'intérêt général et proportionnées à l'objectif poursuivi.
En permettant l'attribution forcée prévue par le 2° de l'article 274 du code civil, le législateur a entendu faciliter la constitution d'un capital, afin de régler les effets pécuniaires du divorce au moment de son prononcé. Le législateur a également entendu assurer le versement de la prestation compensatoire. L'objectif poursuivi de garantir la protection du conjoint dont la situation économique est la moins favorisée et de limiter, autant que possible, les difficultés et les contentieux postérieurs au prononcé du divorce constitue un motif d'intérêt général.
L'attribution forcée est ordonnée par le juge qui fixe le montant de la prestation compensatoire. Les parties ont la possibilité de débattre contradictoirement devant ce juge de la valeur du bien attribué. En vertu de la seconde phrase du 2° de l'article 274 du code civil, l'accord de l'époux débiteur est exigé pour l'attribution en propriété de biens qu'il a reçus par succession ou donation.
Toutefois, le 1° de l'article 274 du code civil prévoit également que la prestation compensatoire en capital peut être exécutée sous forme de versement d'une somme d'argent, le prononcé du divorce pouvant être subordonné à la constitution de garanties. L'atteinte au droit de propriété qui résulte de l'attribution forcée prévue par le 2° de cet article ne peut être regardée comme une mesure proportionnée au but d'intérêt général poursuivi que si elle constitue une modalité subsidiaire d'exécution de la prestation compensatoire en capital. Par conséquent, elle ne saurait être ordonnée par le juge que dans le cas où, au regard des circonstances de l'espèce, les modalités prévues au 1° n'apparaissent pas suffisantes pour garantir le versement de cette prestation. Sous cette réserve, l'attribution forcée d'un bien à titre de prestation compensatoire ne méconnaît pas l'article 2 de la Déclaration de 1789.

(2011-151 QPC, 13 Juli 2011, cons. 3, 6, 7, 8, Journal officiel du 14 juillet 2011, page 12250, texte n° 83)
  • 16. RÉSERVES D'INTERPRÉTATION
  • 16.2. DROIT CIVIL
  • 16.2.1. Code civil
  • 16.2.1.2. Article 274, 2° (prestation compensatoire en capital)

L'atteinte au droit de propriété qui résulte de l'attribution forcée prévue par le 2° de l'article 274 du code civil ne peut être regardée comme une mesure proportionnée au but d'intérêt général poursuivi que si elle constitue une modalité subsidiaire d'exécution de la prestation compensatoire en capital. Par conséquent, elle ne saurait être ordonnée par le juge que dans le cas où, au regard des circonstances de l'espèce, les modalités prévues au 1° (qui prévoit que la prestation compensatoire en capital peut être exécutée sous forme de versement d'une somme d'argent) n'apparaissent pas suffisantes pour garantir le versement de cette prestation. Sous cette réserve, l'attribution forcée d'un bien à titre de prestation compensatoire ne méconnaît pas l'article 2 de la Déclaration de 1789.

(2011-151 QPC, 13 Juli 2011, cons. 8, Journal officiel du 14 juillet 2011, page 12250, texte n° 83)
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