Entscheidung

Entscheidung Nr. 2014-420/421 QPC vom 9. Oktober 2014

Herr Maurice L. und anderer [Außergewöhnliche Verlängerung des Polizeigewahrsams bei organisiertem Bandenbetrug]

Der Verfassungsrat ist am 16. Juli 2014 gemäß den von Artikel 61-1 der Verfassung vorgesehenen Voraussetzungen vom Kassationsgerichtshof (Strafsenat, Beschluss Nr. 4428 vom 16. Juli 2014) bezüglich einer von Herrn Maurice L. erhobenen vorrangigen Frage zur Verfassungsmäßigkeit angerufen worden, welche die Frage der Vereinbarkeit von Ziffer 8o b von Artikel 706-73 der Strafprozessordnung mit den von der Verfassung verbürgten Rechten und Freiheiten zum Gegenstand hat.

Der Verfassungsrat ist am selben Tag gemäß denselben Voraussetzungen vom Kassationsgerichtshof (Strafsenat, Beschluss Nr. 4429 vom 16. Juli 2014) bezüglich einer von Herrn Bernard T. erhobenen vorrangigen Frage zur Verfassungsmäßigkeit angerufen worden, welche die Frage der Vereinbarkeit des Artikels 706-88 der Strafprozessordnung mit den von der Verfassung verbürgten Rechten und Freiheiten zum Gegenstand hat.

DER VERFASSUNGSRAT,

Unter Bezugnahme auf die Verfassung;

Unter Bezugnahme auf die geänderte gesetzesvertretende Verordnung Nr. 58-1067 vom 7. November 1958, Verfassungsergänzungsgesetz über den Verfassungsrat;

Unter Bezugnahme auf das Strafgesetzbuch;

Unter Bezugnahme auf die Strafprozessordnung;

Unter Bezugnahme auf das Gesetz Nr. 2004-204 vom 9. März 2004 zur Anpassung der Justiz an die Entwicklung der Kriminalität, in Verbindung mit der Entscheidung des Verfassungsrates Nr. 2004-492 DC vom 2. März 2004;

Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Verfassungsrates Nr. 2010-31 QPC vom 22. September 2010;

Unter Bezugnahme auf das Gesetz Nr. 2011-392 vom 14. April 2011 über den Polizeigewahrsam;

Unter Bezugnahme auf das Gesetz Nr. 2011-525 vom 17. Mai 2011 zur leichteren Verständlichkeit und zur Verbesserung des Rechts;

Unter Bezugnahme auf das Gesetz Nr. 2014-535 vom 27. Mai 2014 zur Umsetzung der Richtlinie 2012/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über das Recht auf Belehrung und Unterrichtung in Strafverfahren, insbesondere auf den Artikel 4;

Unter Bezugnahme auf die Geschäftsordnung vom 4. Februar 2010 über das Verfahren vor dem Verfassungsrat bei vorrangigen Fragen zur Verfassungsmäßigkeit;

Unter Bezugnahme auf die für die beklagten Parteien im Ausgangsverfahren SAS Consortium de réalisation und SAS CDR Créances von Herrn RA Benoît Chabert, Rechtsanwalt der Anwaltskammer von Paris, eingereichte Stellungnahme, eingetragen am 7. August 2014;

Unter Bezugnahme auf die für Herrn Maurice L. von Herrn RA Paul-Albert Iweins, Rechtsanwalt der Anwaltskammer von Paris, eingereichten Stellungnahmen, eingetragen am 8. und am 28. August 2014;

Unter Bezugnahme auf die für Herrn Bernard T. von der Rechtsanwaltskanzlei Lyon-Caen und Thiriez, beim Staatsrat und beim Kassationsgerichtshof zugelassene Anwälte, eingereichten Stellungnahmen, eingetragen am 8. und am 28. August 2014;

Unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Premierministers, eingetragen am 8. August 2014;

Unter Bezugnahme auf die zu den Verfahrensakten gegebenen Unterlagen;

Nachdem Herr RA Iweins und Herr RA Frédéric Thiriez für die Antragsteller, Herr RA Chabert für die beklagten Parteien im Ausgangsverfahren und Herr Xavier Pottier, Beauftragter des Premierministers, im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 23. September 2014 gehört worden sind;

Nachdem der Berichterstatter gehört worden ist;

  1. In Erwägung dessen, dass es angezeigt ist, die vorrangigen Fragen zur Verfassungsmäßigkeit zu einer gemeinsamen Entscheidung zu verbinden;

  2. In Erwägung dessen, dass davon auszugehen ist, dass die vorrangigen Fragen zur Verfassungsmäßigkeit sich auf die im Ausgangsverfahren anwendbaren Vorschriften beziehen; dass somit die Vorschrift von Ziffer 8o b von Artikel 706-73 der Strafprozessordnung in der gegenwärtig gültigen Fassung sowie die Vorschrift von Artikel 706-88 der Strafprozessordnung in der Fassung nach Inkrafttreten des oben genannten Gesetzes vom 14. April 2011 und vor Inkrafttreten des oben genannten Gesetzes vom 27. Mai 2014 Gegenstand der Anrufung des Verfassungsrates sind;

  3. In Erwägung dessen, dass der Titel XXV von Buch IV der Strafprozessordnung in der Fassung vor Inkrafttreten des oben genannten Gesetzes vom 27. Mai 2014 die Artikel 706-73 bis 706-106 umfasst und das Verfahren in Fällen der organisierten Kriminalität regelt; dass der Artikel 706-73 diejenigen Verbrechen und Vergehen aufführt, bei denen die Ermittlungen, die Strafverfolgung, die Untersuchungshandlungen und die Aburteilung den Sondervorschriften dieses Titels XXV unterliegen; dass gemäß der Vorschrift von Ziffer 8o b dieses Artikels 706-73 in der Fassung des oben genannten Gesetzes vom 17. Mai 2011 diese Sondervorschriften für „den Straftatbestand des organisierten Bandenbetrugs nach Artikel 313-2 des Strafgesetzbuches“ gelten;

  4. In Erwägung dessen, dass der Artikel 706-88 der Strafprozessordnung in der Fassung nach Inkrafttreten des Gesetzes vom 14. April 2011 lautet: „Ist dies für die kriminalpolizeilichen Ermittlungen bezüglich einer der in Artikel 706-73 aufgeführten Straftaten geboten, kann im Rahmen der Anwendung der Artikel 63, 77 und 154 die vorläufige Festnahme einer Person ausnahmsweise zweimal um je vierundzwanzig Stunden verlängert werden.
    „Eine solche Verlängerung erfolgt auf Antrag des Oberstaatsanwaltes durch einen schriftlichen und mit Gründen versehenen Beschluss entweder des Haftrichters oder des Untersuchungsrichters.
    „Bevor eine solche Entscheidung ergeht, muss die vorläufig festgenommene Person dem Richter oder dem Staatsanwalt vorgeführt werden. Jedoch kann die zweite Verlängerung ausnahmsweise ohne vorherige Vorführung der vorläufig festgenommenen Person erfolgen, wenn dies aufgrund der laufenden oder noch durchzuführenden Ermittlungen geboten ist.
    „Wurde die erste Verlängerung beschlossen, wird die vorläufig festgenommene Person von einem Arzt untersucht, welcher vom Oberstaatsanwalt, dem Untersuchungsrichter oder dem zuständigen höheren Kriminalbeamten bestellt wird. Der Arzt stellt ein ärztliches Attest aus, welches zu den Akten genommen wird und in welchem er insbesondere zur weiteren Vernehmungsfähigkeit der vorläufig festgenommenen Person eine Stellungnahme abgibt. Die vorläufig festgehaltene Person wird von dem höheren Kriminalbeamten über ihr Recht belehrt, eine erneute ärztliche Untersuchung zu verlangen. Es besteht ein Anspruch auf diese ärztlichen Untersuchungen. Ein Vermerk über diese Belehrung wird im Protokoll eingetragen und von der vorläufig festgenommenen Person abgezeichnet; wird diese Abzeichnung verweigert, ist dies im Protokoll zu vermerken.
    „Abweichend von der Vorschrift des Absatzes 1 kann der Haftrichter oder der Untersuchungsrichter gemäß den Voraussetzungen von Absatz 2 beschließen, dass die vorläufige Festnahme nur einmal zusätzlich verlängert wird, und zwar um achtundvierzig Stunden, wenn die voraussichtliche Dauer der nach Ablauf der ersten achtundvierzig Stunden des Polizeigewahrsams noch durchzuführenden Ermittlungen dies rechtfertigt.
    „Abweichend von den Vorschriften der Artikel 63-4 bis 63-4-2 kann die Hinzuziehung des Rechtsanwaltes aus zwingenden, sich aufgrund der besonderen Umstände der Ermittlungen oder der Untersuchung ergebenden Gründen zwecks Gewährleistung der Beweiserhebung oder Beweissicherung oder zwecks Abwehr einer unmittelbar drohenden Gefährdung von Menschen um bis zu achtundvierzig Stunden beziehungsweise, bei Straftaten nach Ziffer 3o oder 11o von Artikel 706-73, um bis zu zweiundsiebzig Stunden aufgeschoben werden, wenn der Grund für die vorläufige Festnahme der Person eine gemäß Artikel 706-73 geahndete Straftat ist;
    „Bis zum Ablauf der vierundzwanzigsten Stunde des Polizeigewahrsams kann der Oberstaatsanwalt von Amts wegen oder nach Anrufung durch den zuständigen höheren Kriminalbeamten den Aufschub der Hinzuziehung des Rechtsanwaltes verfügen. Nach Ablauf der vierundzwanzigsten Stunde kann der Haftrichter nach Antrag des Oberstaatsanwaltes und nach Maßgabe der Vorschriften des Absatzes 6 einen solchen Aufschub verfügen. Erfolgt die vorläufige Festnahme im Rahmen eines Rechtshilfeersuchens, entscheidet der Untersuchungsrichter über einen solchen Aufschub. In allen Fällen wird die Dauer, für welche die Hinzuziehung des Rechtsanwaltes aufgeschoben wird, in der schriftlichen und mit Gründen versehenen Verfügung des Richters beziehungsweise des Oberstaatsanwaltes näher bestimmt.
    „In den Fällen nach Absatz 6 oder Absatz 7 dieses Artikels stehen dem Rechtsanwalt ab dem Zeitpunkt, an welchem seine Hilfe im Rahmen der vorläufigen Festnahme zugelassen ist, die Rechte nach Artikel 63-4, Artikel 63-4-1, Artikel 63-4-2 Absatz 1 und Artikel 63-4-3 zu“;

  5. In Erwägung dessen, dass die Antragsteller behaupten, die Vorschrift von Artikel 706-73 Ziffer 8o b der Strafprozessordnung in Verbindung mit derjenigen von Artikel 706-88 verstoße gegen den Grundsatz der Vermeidung nicht notwendiger Härte bei der Durchführung von Zwangsmaßnahmen im Rahmen eines Strafverfahrens, gegen die Freiheit der Person sowie gegen die Rechte der Verteidigung, da sie im Rahmen von Ermittlungen oder einer Untersuchung in als organisierter Bandenbetrug qualifizierten Fällen eine vorläufige Festnahme von insgesamt bis zu sechsundneunzig Stunden Dauer erlaube;

  6. In Erwägung dessen, dass, den Artikel 706-88 der Strafprozessordnung betreffend, die vorrangige Frage zur Verfassungsmäßigkeit sich nur auf dessen erste fünf Absätze über die Dauer des Polizeigewahrsams bezieht;

  • ÜBER DEN ANWENDBAREN PRÜFUNGSMASSSTAB:
  1. In Erwägung dessen, dass Artikel 7 der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 lautet: „Jeder Mensch kann nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen und in den Formen, die es vorschreibt, angeklagt, verhaftet und gefangen gehalten werden. Diejenigen, die willkürliche Befehle verlangen, ausfertigen, ausführen oder ausführen lassen, sollen bestraft werden. Doch jeder Bürger, der auf Grund des Gesetzes vorgeladen oder ergriffen wird, muss sofort gehorchen. Er macht sich durch Widerstand strafbar“; dass Artikel 9 der Erklärung verkündet: „Da jeder Mensch so lange für unschuldig gehalten wird, bis er für schuldig erklärt worden ist, soll, wenn seine Verhaftung für unumgänglich erachtet wird, jede Härte, die nicht notwendig ist, um sich seiner Person zu versichern, durch Gesetz streng vermieden sein“; dass ihr Artikel 16 festschreibt: „Eine Gesellschaft, in der die Verbürgung der Rechte nicht gesichert und die Gewaltenteilung nicht festgelegt ist, hat keine Verfassung“;

  2. In Erwägung dessen, dass der Gesetzgeber aufgrund von Artikel 34 der Verfassung gehalten ist, selbst den Anwendungsbereich des Strafrechts festzulegen; dass dies auch bezüglich des Strafprozessrechts geboten ist, insbesondere um jede nicht notwendige Härte bei der Ermittlung von Straftätern zu vermeiden;

  3. In Erwägung dessen, dass es dem Gesetzgeber obliegt, einerseits die Verhinderung von Angriffen auf die öffentliche Sicherheit und Ordnung, sowie die Fahndung nach Straftätern - beides unerlässlich zum Schutz verfassungsrechtlicher Rechte und Grundsätze - und andererseits den Schutz der von der Verfassung verbürgten Rechte und Freiheiten miteinander in Einklang zu bringen; dass zu letzteren die von den Artikel 2 und 4 der Erklärung von 1789 geschützten Rechte der Freizügigkeit, der Unverletzlichkeit der Wohnung, des Briefgeheimnisses und der Achtung der Privatsphäre sowie die von Artikel 66 unter den Schutz der Justiz gestellte Freiheit der Person zählen;

  • ÜBER DIE ERSTEN FÜNF ABSÄTZE VON ARTIKEL 706-88 DER STRAFPROZESSORDNUNG:
  1. In Erwägung dessen, dass die ersten fünf Absätze von Artikel 706-88 der Strafprozessordnung dem Verfassungsrat in der Fassung des oben genannten Gesetzes vom 9. März 2004 zur Prüfung vorgelegt werden; dass der Verfassungsrat in den Erwägungen Nr. 21 bis 27 seiner oben genannten Entscheidung vom 2. März 2004 die von Artikel 1 des Gesetzes vom 9. März 2004 eingeführten Vorschriften des Artikels 706-88 der Strafprozessordnung besonders geprüft hat; dass er keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Freiheit der Person durch diese Bestimmungen festgestellt hat; dass der Rat in Artikel 2 des Tenors seiner Entscheidung diese Bestimmungen für verfassungskonform erklärt hat; dass infolgedessen die ersten fünf Absätze von Artikel 706-88 im Tenor und den Gründen einer Entscheidung des Verfassungsrates bereits für verfassungsgemäß erklärt worden sind; dass, wie bereits in der oben genannten Entscheidung des Verfassungsrates vom 22. September 2010 festgestellt wurde, für den Verfassungsrat kein Anlass besteht, diese Vorschriften erneut zu prüfen, da seit dieser Entscheidung vom 2. März 2004 keine Veränderung der Umstände im Bereich der Bekämpfung der organisierten Kriminalität eingetreten ist; dass im Übrigen die Rüge, die angegriffenen Bestimmungen erlaubten in Fällen von organisiertem Bandenbetrug eine vorläufige Festnahme von insgesamt bis zu sechsundneunzig Stunden Dauer, nicht den Artikel 706-88 der Strafprozessordnung als solchen infrage stellt, sondern die Tatsache, dass dieser Straftatbestand in der Aufzählung nach Artikel 706-73 genannt wird;
  • ÜBER DIE VORSCHRIFT VON ZIFFER 8o b VON ARTIKEL 706-73 DER STRAFPROZESSORDNUNG:
  1. In Erwägung dessen, dass die Aufnahme des Tatbestandes eines Verbrechens oder Vergehens in die Nennung der Straftaten, bei denen Artikel 706-73 der Strafprozessordnung Anwendung findet, zur Folge hat, dass bei Ermittlungen oder Untersuchungen zu einem solchen Verbrechen oder Vergehen die Durchführung einer vorläufigen Festnahme gemäß den von Artikel 706-88 der Strafprozessordnung vorgesehenen Voraussetzungen sowie die Anwendung derjenigen der von Titel XXV des Buches IV der Strafprozessordnung vorgesehenen besonderen Ermittlungs- oder Untersuchungsbefugnisse, die für alle von Artikel 706-73 aufgeführten Straftaten Anwendung finden, zulässig sind;

  2. In Erwägung dessen, dass der Artikel 706-88 der Strafprozessordnung vorsieht, dass, wenn dies für die Ermittlungen geboten ist, die vorläufige Festnahme einer Person ausnahmsweise zweimal um je vierundzwanzig Stunden verlängert werden kann und diese Entscheidung durch den Haftrichter oder den Untersuchungsrichter erfolgt; dass in solchen Fällen diese Verlängerungen, welche zu der ordentlichen, von Artikel 63 der Strafprozessordnung festgelegten Dauer des Polizeigewahrsams hinzukommen, die Höchstdauer einer vorläufigen Festnahme auf sechsundneunzig Stunden erhöhen; dass dieser Artikel ebenfalls erlaubt, die Hinzuziehung des Rechtsanwalts um bis zu achtundvierzig Stunden aufzuschieben, wenn dies aus zwingenden, sich aufgrund der besonderen Umstände der Ermittlungen oder der Untersuchung ergebenden Gründen zwecks Gewährleistung der Beweiserhebung oder Beweissicherung oder zwecks Abwehr einer unmittelbar drohenden Gefährdung von Menschen geboten ist; dass ein solcher Aufschub vom Untersuchungsrichter verfügt wird, wenn die vorläufige Festnahme im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens durchgeführt wird; dass in allen anderen Fällen ein erster solcher Aufschub vom Oberstaatsanwalt und der zweite vom Haftrichter verfügt werden kann;

  3. In Erwägung dessen, dass Betrug eine Straftat gegen Sach- und Vermögensgüter darstellt, welche von Artikel 313-1 des Strafgesetzbuches wie folgt definiert wird: „Betrug begeht, wer unter Verwendung eines falschen Namens oder einer falschen Eigenschaft oder unter Missbrauch einer echten Eigenschaft oder unter Einsatz arglistiger Machenschaften eine natürliche oder juristische Person täuscht und so zu deren Nachteil oder zum Nachteil eines Dritten veranlasst, Geld, Wertgegenstände oder irgendein Vermögensgut zu übergeben, eine Dienstleistung zu erbringen oder ein Rechtsgeschäft zu tätigen, das eine Verpflichtung oder Entlastung bewirkt“; dass Betrug, selbst wenn er von einer organisierten Bande begangen wird, für sich genommen weder die Sicherheit, die Würde oder das Leben von Menschen gefährden kann; dass der Gesetzgeber, als er bei Ermittlungen oder Untersuchungen zu dieser Art von Straftat die Durchführung einer vorläufigen Festnahme gemäß den von Artikel 706-88 festgelegten Voraussetzungen erlaubt hat, damit auch die Möglichkeit von Eingriffen in die Freiheit der Person und in die Rechte der Verteidigung eröffnet hat, die im Hinblick auf das verfolgte Ziel nicht mehr als verhältnismäßig angesehen werden können; dass infolgedessen die Vorschrift von Ziffer 8o b von Artikel 706-73 der Strafprozessordnung diese verfassungsrechtlichen Vorgaben verletzt und für verfassungswidrig erklärt werden muss;

  • ÜBER DIE RECHTSFOLGEN DER VERABSCHIEDUNG DES OBEN GENANNTEN GESETZES VOM 27. MAI 2014:
  1. In Erwägung dessen, dass nach Auffassung des Premierministers die Änderung des Artikels 706-88 der Strafprozessordnung durch das oben genannte Gesetz vom 27. Mai 2014 die von den Antragstellern gerügte verfassungswidrige Situation bereinigt habe und daher kein Anlass bestünde, die für verfassungswidrig erklärten Bestimmungen aufzuheben;

  2. In Erwägung dessen, dass der Artikel 4 des oben genannten Gesetzes vom 27. Mai 2014 den Artikel 706-88 der Strafprozessordnung um einen weiteren Absatz ergänzt hat, welcher lautet: „Dieser Artikel ist bei Straftaten nach Ziffer 8o b von Artikel 706-73 sowie, sofern sie eine solche Straftat betreffen, bei den von den Vorschriften der Ziffern 14o bis 16o desselben Artikels aufgeführten Straftaten nicht anwendbar. Ausnahmeweise kann er jedoch Anwendung finden, wenn die Tat in einer Art und Weise begangen wurde, welche die Sicherheit, die Würde oder das Leben von Menschen oder die grundlegenden Interessen der Nation im Sinne des Artikels 410-1 des Strafgesetzbuches schädigt, oder wenn eine der Handlungen, welche den Straftatbestand erfüllen, außerhalb des französischen Staatsgebietes begangen wurde, sofern, aufgrund der Komplexität der Ermittlungen zur Aufklärung der Wahrheit, eine Verlängerung der vorläufigen Festnahme für die Durch- oder Fortführung dieser Ermittlungen unerlässlich ist. Die Verfügungen zur Verlängerung der vorläufigen Festnahme werden vom Haftrichter nach Antrag des Oberstaatsanwaltes oder des Untersuchungsrichters erlassen. Sie sind mit einer besonderen Begründung versehen und nennen die Sachgründe, welche die Annahme rechtfertigen, dass die in diesem Absatz genannten Voraussetzungen gegeben sind. Die Absätze 6 und 7 dieses Artikels sind nicht anwendbar“;

  3. In Erwägung dessen, dass weder die Tatbestandsmerkmale des Betrugs noch die für eine solche Straftat festgelegten strafschärfenden Umstände Angriffe auf die Sicherheit, die Würde oder das Leben von Menschen nennen; dass Handlungen, durch die durch Gewalt oder Drohung die Übergabe von Geld, Wertgegenständen oder irgendeinem Vermögenswert erwirkt werden, im Übrigen als räuberische Erpressung qualifiziert werden; dass die vom Gesetz vom 27. Mai 2014 in den Artikel 706-88 der Strafprozessordnung eingefügten Bestimmungen durch die Einführung der Möglichkeit der Durchführung einer vorläufigen Festnahme gemäß den Voraussetzungen von Artikel 706-88 der Strafprozessordnung in Fällen von organisiertem Bandenbetrug, wenn die Tat in einer Art und Weise begangen wurde, welche die Sicherheit, die Würde oder das Leben von Menschen oder „die grundlegenden Interessen der Nation im Sinne des Artikels 410-1 des Strafgesetzbuches“ schädigt, oder wenn eine der Handlungen, welche den Straftatbestand erfüllen, außerhalb des französischen Staatsgebietes begangen wurde, die Verfassungswidrigkeit der Vorschrift von Ziffer 8o b von Artikel 706-73 der Strafprozessordnung nicht bereinigt haben;

  • ÜBER DIE ZEITLICHE WIRKUNG DER VERFASSUNGSWIDRIGKEITSERKLÄRUNG DER VORSCHRIFT VON ZIFFER 8o b VON ARTIKEL 706-73 DER STRAFPROZESSORDNUNG:
  1. In Erwägung dessen, dass Artikel 62 Absatz 2 der Verfassung bestimmt: „Eine gemäß Artikel 61-1 für verfassungswidrig erklärte Bestimmung ist ab der Veröffentlichung der Entscheidung des Verfassungsrates oder zu einem in dieser Entscheidung festgesetzten späteren Zeitpunkt aufgehoben. Der Verfassungsrat bestimmt die Bedingungen und Grenzen einer möglichen Anfechtung der Folgen der betreffenden Bestimmung“; dass wenngleich grundsätzlich die Partei, welche die vorrangige Frage zur Verfassungsmäßigkeit erhoben hat, einen Vorteil aus der Verfassungswidrigkeitserklärung erlangen soll und die für verfassungswidrig erklärte Bestimmung in zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsrates anhängigen Gerichtsverfahren nicht mehr angewendet werden darf, so behält die Vorschrift des Artikels 62 der Verfassung dem Verfassungsrat vor, den Zeitpunkt festzulegen, an dem die Aufhebung der verfassungswidrigen Norm eintritt, und zu bestimmen, ob und auf welche Art und Weise Rechtsfolgen angefochten werden können, die vor der Verfassungswidrigkeitserklärung auf der Grundlage der verfassungswidrigen Vorschrift eingetreten sind;

  2. In Erwägung dessen, dass die Aufnahme des Tatbestandes eines Verbrechens oder Vergehens in die Nennung der Straftaten, bei denen Artikel 706-73 der Strafprozessordnung Anwendung findet, auch zur Folge hat, dass die Anwendung derjenigen der von Titel XXV des Buches IV der Strafprozessordnung vorgesehenen besonderen Ermittlungs- oder Untersuchungsbefugnisse, die für alle von Artikel 706-73 aufgeführten Straftaten Anwendung finden, zulässig ist; dass daher die Frage der zeitlichen Wirkung der Verfassungswidrigkeitserklärung der Vorschrift von Ziffer 8o b des Artikels 706-73 auch eine verfassungsrechtliche Würdigung der Anwendung dieser besonderen Ermittlungs- oder Untersuchungsbefugnisse erfordert;

  3. In Erwägung dessen, dass der Artikel 706-80 der Strafprozessordnung eine Ausweitung auf das gesamte französische Staatsgebiet der Zuständigkeit der höheren Kriminalbeamten und der Kriminalbeamten in Bezug auf die Überwachung von Personen, die bestimmter Straftaten verdächtigt werden, erlaubt, außer wenn der zuvor von dieser Maßnahme in Kenntnis gesetzte Oberstaatsanwalt ihr widerspricht; dass die Artikel 706-81 bis 706-87 dem Oberstaatsanwalt oder dem Untersuchungsrichter, wenn dies für die Ermittlungen oder die Untersuchung geboten ist, die Möglichkeit eröffnen, verdeckte Ermittlungsmaßnahmen durch höhere Kriminalbeamte oder Kriminalbeamte zu genehmigen, wobei die verdeckte Maßnahme darin besteht, „Personen, die eines Verbrechens oder Vergehens verdächtigt werden, zu überwachen, indem sie [die Kriminalbeamten] gegenüber diesen Personen als einer von deren Mittätern, Komplizen oder Hehlern auftreten“;

  4. In Erwägung dessen, dass die Artikel 706-89 bis 706-94 die Voraussetzungen festlegen, gemäß welchen der Haftrichter oder der Untersuchungsrichter während der kriminalpolizeilichen Ermittlungen, der polizeilichen Ermittlungen im Rahmen eines beschleunigten Verfahrens oder einer Voruntersuchung eine Durchsuchung, eine Hausdurchsuchung und die Beschlagnahme von Beweisstücken außerhalb der von Artikel 59 vorgesehenen Uhrzeiten erlauben kann;

  5. In Erwägung dessen, dass der Artikel 706-95 vorsieht, dass der Haftrichter genehmigen kann, dass Telekommunikationsgespräche abgehört, aufgenommen und verarbeitet werden, wenn dies für die Ermittlungen im Rahmen eines beschleunigten Verfahrens oder für die kriminalpolizeilichen Ermittlungen geboten ist;

  6. In Erwägung dessen, dass die Artikel 706-96 bis 706-102-9 bestimmen, dass, wenn die Ermittlungen dies erfordern, der Untersuchungsrichter durch eine mit Gründen versehene Entscheidung und nach seiner Weisung und unter seiner Aufsicht zum einen „die Anbringung technischer Vorrichtungen zur Erfassung, Speicherung, Übertragung und Aufnahme, ohne die Zustimmung der betroffenen Personen, von privaten oder vertraulichen, an öffentlichen wie privaten Orten sowie in öffentlichen oder privaten Fahrzeugen geführten Gesprächen einer oder mehrerer Personen oder von Bildern einer oder mehrerer sich in privaten Räumlichkeiten aufhaltenden Personen“ und zum anderen „die Anbringung technischer Vorrichtungen für den Zugang zu Computerdaten, an jedwedem Ort und ohne die Zustimmung der betroffenen Personen, und für die Speicherung, Aufbewahrung und Übertragung dieser Daten so, wie sie dem Benutzer eines automatischen Datenverarbeitungssystems auf dem Bildschirm erscheinen oder so, wie eine solcher Benutzer diese Daten durch Zeicheneingabe in ein solches System einspeichert“ verfügen kann;

  7. In Erwägung dessen, dass der Artikel 706-103 festlegt, dass der Haftrichter im Laufe des Ermittlungsverfahrens sichernde Maßnahmen in Bezug auf die beweglichen oder unbeweglichen, individuellen oder gemeinschaftlichen Vermögenswerte des Beschuldigten anordnen kann, um die Begleichung der möglichen Geldstrafen sowie gegebenenfalls die Entschädigung der Opfer zu gewährleisten;

  8. In Erwägung dessen, dass der Gesetzgeber, als er die Anwendung dieser besonderen Ermittlungs- und Untersuchungsbefugnisse im Rahmen der Verfolgung organisierten Bandenbetrugs erlaubt hat, davon ausgegangen ist, dass die Schwierigkeit, solche Straftäter zu ergreifen, sich aus der Tatsache ergibt, dass eine Gruppe oder ein Netzwerk von Tätern existiert und die Identifizierung, die Kenntnis und die Zerschlagung von einer solchen Gruppe oder einem solchen Netzwerk eine vielschichtige Herausforderung darstellt; dass der Gesetzgeber in Anbetracht der Gefährlichkeit des organisierten Bandenbetrugs daher befugt war, Sondervorschriften für die Überwachung und die Nachforschungen im Rahmen von Ermittlungen und Untersuchungen zu einer solchen Straftat festzulegen; dass aufgrund der Schutzvorschriften, welche die Durchführung dieser besonderen Ermittlungs- und Untersuchungsmaßnahmen flankieren, Eingriffe in das Recht auf Achtung der Privatsphäre und in die Eigentumsgarantie, welche sich aus diesen Maßnahmen ergeben, im Hinblick auf das verfolgte Ziel nicht unverhältnismäßig sind;

  9. In Erwägung dessen, dass, erstens, die sofortige Aufhebung der Vorschrift von Ziffer 8o b von Artikel 706-73 der Strafprozessordnung nicht nur dazu führen würde, dass in Fällen von organisierter Bandenkriminalität eine vorläufige Festnahme von bis zu sechsundneunzig Stunden Dauer nicht mehr möglich wäre, sondern auch einer Anwendung der anderen von Titel XXV von Buch IV der Strafprozessordnung vorgesehenen besonderen Überwachungs- und Ermittlungsbefugnisse entgegenstünde und infolgedessen offensichtlich unverhältnismäßige Folgen nach sich zöge; dass es geboten ist, den Zeitpunkt der Aufhebung der Vorschrift von Ziffer 8o b von Artikel 706-73 der Strafprozessordnung auf den 1. September 2015 zu verschieben, um dem Gesetzgeber die Bereinigung dieser verfassungswidrigen Rechtslage zu ermöglichen;

  10. In Erwägung dessen, dass es, zweitens, zwecks Beendigung der festgestellten verfassungswidrigen Rechtslage ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der vorliegenden Entscheidung, geboten ist zu bestimmen, dass die Vorschrift von Ziffer 8o b von Artikel 706-73 der Strafprozessordnung nicht dahingehend ausgelegt werden darf, dass sie nach dem Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Entscheidung erlauben würde, in Fällen von organisierter Bandenkriminalität eine vorläufige Festnahme auf der Grundlage der Vorschriften von Artikel 706-88 der Strafprozessordnung durchzuführen;

  11. In Erwägung dessen, dass, drittens, die Anfechtung der in Strafverfahren auf der Grundlage der für verfassungswidrig erklärten Bestimmungen verfügten Maßnahmen das Ziel von Verfassungsrang der Ermittlung von Straftätern verkennen und offensichtlich unverhältnismäßige Folgen nach sich ziehen würde; dass daher vor der Veröffentlichung der vorliegenden Entscheidung beschlossene vorläufige Festnahmen sowie die weiteren vor dem 1. September 2015 auf der Grundlage der für verfassungswidrig erklärten Bestimmungen ergangenen Maßnahmen nicht auf der Grundlage dieser Verfassungswidrigkeit angefochten werden können,

ENTSCHEIDET:

Artikel 1 - Die Vorschrift von Ziffer 8o b von Artikel 706-73 der Strafprozessordnung ist verfassungswidrig.

Artikel 2 - Die in Artikel 1 ausgesprochene Verfassungswidrigkeitserklärung wird unter dem in der Erwägung Nr. 26 zum Ausdruck gebrachten Vorbehalt und gemäß den in den Erwägungen Nr. 25 und 27 festgelegten Voraussetzungen wirksam.

Artikel 3 - Es besteht für den Verfassungsrat kein Anlass, über die vorrangige Frage zur Verfassungsmäßigkeit zu befinden, welche die ersten fünf Absätze von Artikel 706-88 der Strafprozessordnung zum Gegenstand hat.

Artikel 4 - Diese Entscheidung wird im Amtsblatt der Französischen Republik veröffentlicht und gemäß den Vorschriften des Artikels 23-11 der oben genannten gesetzesvertretenden Verordnung vom 7. November 1958 zugestellt.

Beschlossen durch den Verfassungsrat in seiner Sitzung vom 9. Oktober 2014, an der teilgenommen haben die Damen und Herren Jean-Louis DEBRÉ, Präsident, Jacques BARROT, Nicole BELLOUBET, Guy CANIVET, Renaud DENOIX de SAINT MARC, Hubert HAENEL und Nicole MAESTRACCI.

Les abstracts

  • 4. DROITS ET LIBERTÉS
  • 4.23. PRINCIPES DE DROIT PÉNAL ET DE PROCÉDURE PÉNALE
  • 4.23.9. Respect des droits de la défense, droit à un procès équitable et droit à un recours juridictionnel effectif en matière pénale
  • 4.23.9.6. Dispositions relevant de la procédure d'enquête et d'instruction
  • 4.23.9.6.1. Actes d'investigation

En permettant le recours aux pouvoirs spéciaux d'enquête et d'instruction prévus par les articles 706-80 à 706-87 et 706-89 à 706-103 du code de procédure pénale pour les délits d'escroquerie commis en bande organisée, le législateur a estimé que la difficulté d'appréhender les auteurs de ces infractions tient à l'existence d'un groupement ou d'un réseau dont l'identification, la connaissance et le démantèlement posent des problèmes complexes. Eu égard à la gravité du délit d'escroquerie en bande organisée, le législateur a pu, à cette fin, fixer des règles spéciales de surveillance et d'investigation dans les enquêtes et les instructions portant sur une telle infraction. Compte tenu des garanties encadrant la mise en oeuvre de ces mesures spéciales d'enquête et d'instruction, les atteintes au respect de la vie privée et au droit de propriété résultant de leur mise en oeuvre ne revêtent pas un caractère disproportionné au regard du but poursuivi.

(2014-420/421 QPC, 09 Oktober 2014, cons. 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, JORF du 12 octobre 2014 page 16578, texte n° 32)
  • 4. DROITS ET LIBERTÉS
  • 4.23. PRINCIPES DE DROIT PÉNAL ET DE PROCÉDURE PÉNALE
  • 4.23.9. Respect des droits de la défense, droit à un procès équitable et droit à un recours juridictionnel effectif en matière pénale
  • 4.23.9.6. Dispositions relevant de la procédure d'enquête et d'instruction
  • 4.23.9.6.2. Garde à vue

Il incombe au législateur d'assurer la conciliation entre, d'une part, la prévention des atteintes à l'ordre public et la recherche des auteurs d'infractions, toutes deux nécessaires à la sauvegarde de droits et de principes de valeur constitutionnelle, et, d'autre part, l'exercice des libertés constitutionnellement garanties. Au nombre de celles-ci figurent la liberté d'aller et venir, l'inviolabilité du domicile, le secret des correspondances et le respect de la vie privée, protégés par les articles 2 et 4 de la Déclaration de 1789, ainsi que la liberté individuelle, que l'article 66 de la Constitution place sous la protection de l'autorité judiciaire.
L'inscription d'un crime ou d'un délit dans la liste des infractions visées par l'article 706-73 du code de procédure pénale a pour effet de permettre, lors des enquêtes ou des instructions portant sur ce crime ou ce délit, la mise en œuvre d'une mesure de garde à vue dans les conditions prévues à l'article 706-88 du code de procédure pénale et le recours à ceux des pouvoirs spéciaux d'enquête ou d'instruction prévus par le titre XXV du livre IV du code de procédure pénale qui sont applicables à toutes les infractions visées par l'article 706-73.
L'article 706-88 du code de procédure pénale prévoit que, si les nécessités d'une enquête l'exigent, la garde à vue d'une personne peut, à titre exceptionnel, faire l'objet de deux prolongations supplémentaires de vingt-quatre heures chacune décidées par le juge des libertés et de la détention ou par le juge d'instruction. Dans ce cas, ces prolongations, qui s'ajoutent à la durée de droit commun définie par l'article 63 du même code, portent à quatre-vingt-seize heures la durée maximale de la garde à vue. Cet article permet également que l'intervention de l'avocat soit différée pendant une durée maximale de quarante-huit heures, en considération de raisons impérieuses tenant aux circonstances particulières de l'enquête ou de l'instruction, soit pour permettre le recueil ou la conservation des preuves, soit pour prévenir une atteinte aux personnes. Ce report est décidé par le juge d'instruction lorsque la garde à vue est mise en œuvre au cours d'une information judiciaire. Dans les autres cas, il est décidé par le procureur de la République pour la première prolongation et par le juge des libertés et de la détention pour la seconde.
L'escroquerie est un délit contre les biens défini par l'article 313-1 du code pénal comme « le fait, soit par l'usage d'un faux nom ou d'une fausse qualité, soit par l'abus d'une qualité vraie, soit par l'emploi de manœuvres frauduleuses, de tromper une personne physique ou morale et de la déterminer ainsi, à son préjudice ou au préjudice d'un tiers, à remettre des fonds, des valeurs ou un bien quelconque, à fournir un service ou à consentir un acte opérant obligation ou décharge ». Même lorsqu'il est commis en bande organisée, le délit d'escroquerie n'est pas susceptible de porter atteinte en lui-même à la sécurité, à la dignité ou à la vie des personnes. En permettant de recourir à la garde à vue selon les modalités fixées par l'article 706-88 du code de procédure pénale au cours des enquêtes ou des instructions portant sur ce délit, le législateur a permis qu'il soit porté à la liberté individuelle et aux droits de la défense une atteinte qui ne peut être regardée comme proportionnée au but poursuivi. Par suite, le 8° bis de l'article 706-73 du code de procédure pénale méconnaît ces exigences constitutionnelles et doit être déclaré contraire à la Constitution.

(2014-420/421 QPC, 09 Oktober 2014, cons. 9, 11, 12, 13, JORF du 12 octobre 2014 page 16578, texte n° 32)
  • 11. CONSEIL CONSTITUTIONNEL ET CONTENTIEUX DES NORMES
  • 11.6. QUESTION PRIORITAIRE DE CONSTITUTIONNALITÉ
  • 11.6.2. Critères de transmission ou de renvoi de la question au Conseil constitutionnel
  • 11.6.2.3. Absence de décision antérieure du Conseil constitutionnel (1° de l'article 23-2 Ord. 7/11/1958)

Les cinq premiers alinéas de l'article 706-88 du code de procédure pénale sont renvoyés au Conseil constitutionnel dans leur rédaction résultant de la loi n°2004-204 du 9 mars 2004. Dans les considérants 21 à 27 de sa décision n°2004-492 DC du 2 mars 2004, le Conseil constitutionnel a spécialement examiné l'article 706-88 inséré dans le code de procédure pénale par l'article 1er de la loi du 9 mars 2004. Il a jugé que ces dispositions ne portaient pas une atteinte excessive à la liberté individuelle. Dans l'article 2 du dispositif de cette décision, il a déclaré ces dispositions conformes à la Constitution. Par suite, les cinq premiers alinéas de l'article 706-88 ont déjà été déclarés conformes à la Constitution dans les motifs et le dispositif d'une décision du Conseil constitutionnel. Comme le Conseil constitutionnel l'a jugé dans sa décision n°2010-31 QPC du 22 septembre 2010, en l'absence de changement des circonstances, depuis la décision du 2 mars 2004, en matière de lutte contre la délinquance et la criminalité organisées, il n'y a pas lieu, pour le Conseil constitutionnel, de procéder à un nouvel examen de ces dispositions. Au surplus, le grief tiré de ce que les dispositions contestées permettent le recours à une mesure de garde à vue de quatre-vingt-seize heures pour des faits d'escroquerie en bande organisée met en cause non l'article 706-88 du code de procédure pénale en lui-même, mais l'inscription de cette infraction dans la liste prévue par son article 706-73.

(2014-420/421 QPC, 09 Oktober 2014, cons. 10, JORF du 12 octobre 2014 page 16578, texte n° 32)
  • 11. CONSEIL CONSTITUTIONNEL ET CONTENTIEUX DES NORMES
  • 11.6. QUESTION PRIORITAIRE DE CONSTITUTIONNALITÉ
  • 11.6.3. Procédure applicable devant le Conseil constitutionnel
  • 11.6.3.5. Détermination de la disposition soumise au Conseil constitutionnel

Deux questions prioritaires de constitutionnalité sont renvoyées au Conseil constitutionnel portant respectivement sur le 8° bis de l'article 706-73 du code de procédure pénale (CPP) et son article 706-88. Le Conseil procède à la jonction de ces deux procédures. Il précise que les QPC doivent être regardées comme portant sur les dispositions applicables au litige à l'occasion duquel elles ont été posées. Ainsi le Conseil constitutionnel est saisi du 8° bis de l'article 706-73 du CPP, dans sa rédaction actuellement en vigueur, et de l'article 706-88 du même code, dans sa rédaction postérieure à la loi n°2011-392 du 14 avril 2011 et antérieure à la loi n°2014-535 du 27 mai 2014. S'agissant de l'article 706-88 du code de procédure pénale, le Conseil juge également que la question prioritaire de constitutionnalité ne porte que sur ses cinq premiers alinéas relatifs à la durée de la garde à vue.

(2014-420/421 QPC, 09 Oktober 2014, cons. 1, 2, 6, JORF du 12 octobre 2014 page 16578, texte n° 32)
  • 11. CONSEIL CONSTITUTIONNEL ET CONTENTIEUX DES NORMES
  • 11.8. SENS ET PORTÉE DE LA DÉCISION
  • 11.8.6. Portée des décisions dans le temps
  • 11.8.6.2. Dans le cadre d'un contrôle a posteriori (article 61-1)
  • 11.8.6.2.2. Abrogation
  • 11.8.6.2.2.2. Abrogation reportée dans le temps

L'abrogation immédiate du 8° bis de l'article 706-73 du code de procédure pénale aurait pour effet non seulement d'empêcher le recours à une garde à vue de quatre-vingt-seize heures pour des faits d'escroquerie en bande organisée, mais aussi de faire obstacle à l'usage des autres pouvoirs spéciaux de surveillance et d'investigation prévus par le titre XXV du livre IV du même code et aurait dès lors des conséquences manifestement excessives. Afin de permettre au législateur de remédier à l'inconstitutionnalité du 8° bis de l'article 706-73 du code de procédure pénale, il y a lieu de reporter au 1er septembre 2015 la date de cette abrogation.

(2014-420/421 QPC, 09 Oktober 2014, cons. 25, 26, JORF du 12 octobre 2014 page 16578, texte n° 32)
  • 11. CONSEIL CONSTITUTIONNEL ET CONTENTIEUX DES NORMES
  • 11.8. SENS ET PORTÉE DE LA DÉCISION
  • 11.8.6. Portée des décisions dans le temps
  • 11.8.6.2. Dans le cadre d'un contrôle a posteriori (article 61-1)
  • 11.8.6.2.3. Réserve
  • 11.8.6.2.3.2. Réserve transitoire avant abrogation

Afin de permettre au législateur de remédier à l'inconstitutionnalité du 8° bis de l'article 706-73 du code de procédure pénale, il y a lieu de reporter au 1er septembre 2015 la date de cette abrogation. Toutefois, afin de faire cesser l'inconstitutionnalité constatée à compter de la publication de la décision du Conseil constitutionnel, il y a lieu de juger que les dispositions du 8° bis de l'article 706-73 du code de procédure pénale ne sauraient être interprétées comme permettant, à compter de cette publication, pour des faits d'escroquerie en bande organisée, le recours à la garde à vue prévue par l'article 706-88 du code de procédure pénale.

(2014-420/421 QPC, 09 Oktober 2014, cons. 25, 26, JORF du 12 octobre 2014 page 16578, texte n° 32)
  • 11. CONSEIL CONSTITUTIONNEL ET CONTENTIEUX DES NORMES
  • 11.8. SENS ET PORTÉE DE LA DÉCISION
  • 11.8.6. Portée des décisions dans le temps
  • 11.8.6.2. Dans le cadre d'un contrôle a posteriori (article 61-1)
  • 11.8.6.2.4. Effets produits par la disposition abrogée
  • 11.8.6.2.4.1. Maintien des effets

Le Conseil constitutionnel reporte au 1er septembre 2015 la date de l'abrogation du 8°bis de l'article 706-73 du CPP. La remise en cause des actes de procédure pénale pris sur le fondement des dispositions déclarées inconstitutionnelles méconnaîtrait l'objectif de valeur constitutionnelle de recherche des auteurs d'infractions et aurait des conséquences manifestement excessives. Par suite, les mesures de garde à vue prises avant la publication de la décision du Conseil constitutionnel et les autres mesures prises avant le 1er septembre 2015 en application des dispositions déclarées contraires à la Constitution ne peuvent être contestées sur le fondement de cette inconstitutionnalité.

(2014-420/421 QPC, 09 Oktober 2014, cons. 27, JORF du 12 octobre 2014 page 16578, texte n° 32)
  • 11. CONSEIL CONSTITUTIONNEL ET CONTENTIEUX DES NORMES
  • 11.8. SENS ET PORTÉE DE LA DÉCISION
  • 11.8.6. Portée des décisions dans le temps
  • 11.8.6.2. Dans le cadre d'un contrôle a posteriori (article 61-1)
  • 11.8.6.2.5. Autres

Le 8° bis de l'article 706-73 du code de procédure pénale est contraire à la Constitution.
L'article 4 de la loi n°2014-535 du 27 mai 2014 a complété l'article 706-88 du code de procédure pénale par un alinéa aux termes duquel : « Le présent article n'est pas applicable au délit prévu au 8° bis de l'article 706-73 ou, lorsqu'elles concernent ce délit, aux infractions mentionnées aux 14° à 16° du même article. Toutefois, à titre exceptionnel, il peut être appliqué si les faits ont été commis dans des conditions portant atteinte à la sécurité, à la dignité ou à la vie des personnes ou aux intérêts fondamentaux de la nation définis à l'article 410-1 du code pénal ou si l'un des faits constitutifs de l'infraction a été commis hors du territoire national, dès lors que la poursuite ou la réalisation des investigations nécessaires à la manifestation de la vérité rend indispensable, en raison de leur complexité, la prolongation de la garde à vue. Les ordonnances prolongeant la garde à vue sont prises par le juge des libertés et de la détention, sur requête du procureur de la République ou du juge d'instruction. Elles sont spécialement motivées et font référence aux éléments de fait justifiant que les conditions prévues au présent alinéa sont réunies. Les sixième et septième alinéas du présent article ne sont pas applicables ». Selon le Premier ministre, cette modification apportée à l'article 706-88 du code de procédure pénale a mis fin à l'inconstitutionnalité dénoncée par les requérants de sorte qu'il n'y aurait en tout état de cause pas lieu d'abroger les dispositions déclarées contraires à la Constitution.
Toutefois, ni les éléments constitutifs du délit d'escroquerie ni les circonstances aggravantes de ce délit ne font référence à des faits d'atteinte à la sécurité, à la dignité ou à la vie des personnes. Le fait d'obtenir la remise de fonds, de valeur ou d'un bien quelconque par violence ou menace est qualifié par ailleurs d'extorsion. En permettant le recours à la garde à vue dans les conditions prévues par l'article 706-88 du code de procédure pénale pour des faits d'escroquerie en bande organisée lorsque les faits ont été commis dans des conditions portant atteinte à la sécurité, à la dignité ou à la vie des personnes ou « aux intérêts fondamentaux de la nation définis à l'article 410-1 du code pénal » ou si l'un des faits constitutifs de l'infraction a été commis hors du territoire national, les dispositions ajoutées à l'article 706-88 du code de procédure pénale par la loi du 27 mai 2014 n'ont pas mis fin à l'inconstitutionnalité du 8° bis de l'article 706-73 du code de procédure pénale.

(2014-420/421 QPC, 09 Oktober 2014, cons. 13, 14, 15, 16, JORF du 12 octobre 2014 page 16578, texte n° 32)
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