Entscheidung

Entscheidung Nr. 2012-235 QPC vom 20. April 2012

Vereinigung Arbeitskreis für die Ausarbeitung von Vorschlägen im Bereich der Psychiatrie [Vorschriften über psychiatrische Behandlungen ohne Einwilligung des Patienten]

Der Verfassungsrat ist am 8. Februar 2012 gemäß den von Artikel 61-1 der Verfassung vorgesehenen Voraussetzungen vom Staatsrat (Beschluss Nr. 352667-352668 vom 8. Februar 2012) bezüglich einer von der Vereinigung „Arbeitskreis für die Ausarbeitung von Vorschlägen im Bereich der Psychiatrie“ erhobenen vorrangigen Frage zur Verfassungsmäßigkeit angerufen worden, welche die Frage der Vereinbarkeit der Artikel L. 3211-2-1, L. 3211-12 Absatz II, L. 3211-12-1 Absatz I Ziffer 3o und L. 3213-8 der Gesundheitsordnung mit den von der Verfassung verbürgten Rechten und Freiheiten zum Gegenstand hat.

DER VERFASSUNGSRAT,

Unter Bezugnahme auf die Verfassung;

Unter Bezugnahme auf die geänderte gesetzesvertretende Verordnung Nr. 58-1067 vom 7. November 1958, Verfassungsergänzungsgesetz über den Verfassungsrat;

Unter Bezugnahme auf die Gesundheitsordnung;

Unter Bezugnahme auf die Strafprozessordnung;

Unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des Verfassungsrates Nr. 2010-71 QPC vom 26. November 2010 und Nr. 2011-135/140 QPC vom 9. Juni 2011;

Unter Bezugnahme auf das Gesetz Nr. 2011-803 vom 5. Juli 2011 über die Rechte und den Schutz von Personen in psychiatrischer Behandlung, sowie über die Modalitäten der Betreuung dieser Personen;

Unter Bezugnahme auf die Geschäftsordnung vom 4. Februar 2010 über das Verfahren vor dem Verfassungsrat bei vorrangigen Fragen zur Verfassungsmäßigkeit;

Unter Bezugnahme auf die für die antragstellende Vereinigung von der Rechtsanwaltskanzlei Mayet und Perrault, Rechtsanwälte der Anwaltskammer von Versailles, eingereichten Stellungnahmen, eingetragen am 23. Februar sowie am 12. März 2012;

Unter Bezugnahme auf die Stellungnahmen des Premierministers, eingetragen am 1. und 16. März 2012;

Unter Bezugnahme auf die von der als Nebenintervenienten auftretenden Vereinigung „Groupe information asiles“ von Frau RAin Corinne Vaillant, Rechtsanwältin der Anwaltskammer von Paris, eingereichte Stellungnahme, eingetragen am 28. Februar 2012;

Unter Bezugnahme auf die zu den Verfahrensakten gegebenen Unterlagen;

Nachdem Herr RA Raphaël Mayet und Frau RAin Gaelle Soulard für die antragstellende Vereinigung, Frau RAin Vaillant für die als Nebenintervenienten auftretende Vereinigung, sowie Herr Xavier Pottier, Beauftragter des Premierministers, im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 10. April 2012 gehört worden sind;

Nachdem der Berichterstatter gehört worden ist;

  1. In Erwägung dessen, dass der Artikel L. 3211-2-1 der Gesundheitsordnung in der Fassung des oben genannten Gesetzes vom 5. Juli 2011 bestimmt: „Die Betreuung von Personen, die sich auf der Grundlage der Kapitel II und III dieses Titels oder auf der Grundlage von Artikel 706-135 der Strafprozessordnung in psychiatrischer Behandlung befinden, erfolgt:
    „1o durch vollständige stationäre Behandlung in einer der von Artikel L. 3222-1 dieses Gesetzbuches genannten Einrichtungen;
    „2o auf eine andere Art und Weise, welche eine ambulante Behandlung, gegebenenfalls auch häusliche Pflege, durch eine der in besagtem Artikel L. 3222-1 aufgeführten Einrichtungen ebenso einschließt wie gegebenenfalls mögliche Aufenthalte in einer solchen Einrichtung.
    „Erfolgt die Betreuung gemäß den in Ziffer 2 vorgesehenen Modalitäten, erstellt ein Psychiater der aufnehmenden Einrichtung einen Betreuungsplan. Dieser Behandlungsplan darf nur von einem mit der Behandlung des Patienten betrauten Psychiater geändert werden, um der Entwicklung des Gesundheitszustandes des Patienten Rechnung zu tragen.
    „Vor der Erstellung des Behandlungsplanes, sowie vor jeder Änderung desselben, ist im Rahmen eines Gespräches zwischen einem Psychiater der behandelnden Einrichtung und dem Patienten die Meinung des Patienten einzuholen. Im Rahmen dieses Gespräches wird der Patient über seine Rechte gemäß Artikel L.3211-3 aufgeklärt und über die Vorschrift von Artikel L. 3211-11 unterrichtet.
    „Der Behandlungsplan bestimmt auf der Grundlage der von einem Dekret nach Stellungnahme des Staatsrates festgelegten Voraussetzungen Art, Ort und Häufigkeit der Behandlung“;

  2. In Erwägung dessen, dass der Artikel L. 3211-12 der Gesundheitsordnung in der Fassung des oben genannten Gesetzes vom 5. Juli 2011 vorsieht, dass das zuständige Betreuungsgericht jederzeit angerufen werden kann, um umgehend die sofortige Aufhebung einer ohne die Einwilligung des Patienten erfolgenden psychiatrischen Behandlungsmaßnahme zu erwirken; dass der Absatz II dieses Artikels lautet: „In den nachfolgenden Fällen ergeht die Entscheidung des Betreuungsgerichtes erst nach Einholung der Stellungnahme des in Artikel L. 3211-9 dieses Gesetzbuches genannten Gremiums:
    „1o im Falle einer gemäß Artikel L. 3213-7 dieses Gesetzbuches oder Artikel 706-135 der Strafprozessordnung angeordneten Behandlungsmaßnahme, oder wenn der Patient auf der Grundlage von Artikel L. 3213-1 dieses Gesetzbuches behandelt wird und in der Vergangenheit bereits eine diesen Patienten betreffende Behandlungsmaßnahme gemäß Artikel L. 3213-7 dieses Gesetzbuches oder Artikel 706-135 angeordnet worden war;
    „2o wenn der Patient auf der Grundlage von Artikel L. 3213-1 dieses Gesetzbuches behandelt wird und für eine von einem Dekret nach Stellungnahme des Staatsrates festgelegte Dauer in einer in Artikel L. 3222-3 genannten Abteilung für schwierige Fälle betreut wird oder bereits einmal betreut wurde.
    „In den Fällen nach Ziffer 1o oder 2o darf das zuständige Gericht im Übrigen die Aufhebung der Maßnahme nur nach Einholung zweier, von auf den in Artikel L. 3213-5-1 genannten Verzeichnissen eingetragenen Psychiatern erstellten Gutachten anordnen.
    „Das Gericht bestimmt die Frist, binnen derer gemäß der vorliegenden Vorschrift und im Rahmen der von einem Dekret nach Stellungnahme des Staatsrates festgelegten Höchstdauer der Frist die Stellungnahme des Gremiums und die beiden Sachverständigengutachten einzuholen sind. Nach Ablauf der entsprechenden Fristen, ergeht die Entscheidung des Gerichtes unverzüglich.
    „Diese Vorschrift gilt nicht für Fälle, in denen die in Ziffer 1o und 2o genannten Behandlungsmaßnahmen vor mehr als zehn Jahren durchgeführt wurden“;

  3. In Erwägung dessen, dass gemäß Artikel L. 3211-12-1 Absatz I Ziffer 3o der Gesundheitsordnung in der Fassung des oben genannten Gesetzes vom 5. Juli 2011 die vollständige stationäre Behandlung eines Patienten nicht fortgesetzt werden darf, wenn nicht das zuständige Betreuungsgericht, welches vorher vom Leiter der betreuenden Einrichtung - wenn die Behandlung auf der Grundlage der Vorschriften des Kapitels II von Titel I von Buch II des Teiles III der Gesundheitsordnung angeordnet wurde - oder vom Vertreter des Staates in dem Departement - wenn die Anordnung der Maßnahme auf der Grundlage des Kapitels III von Titel I von Buch II des Teiles III der Gesundheitsordnung, Artikel L. 3214-3 derselben oder Artikel 706-135 der Strafprozessordnung erfolgte - angerufen wurde, über diese Maßnahme entschieden hat: „vor Ablauf einer Frist von sechs Monaten nach dem Gerichtsbeschluss, der auf der Grundlage von Artikel 706-135 der Strafprozessordnung die Krankenhauseinweisung angeordnet hat, beziehungsweise nach dem Beschluss des Betreuungsgerichtes auf der Grundlage der Artikel L. 3211-12 oder L. 3213-5 dieser Gesundheitsordnung oder dieses Artikels, wenn der Patient seit dem Zeitpunkt des Beschlusses ununterbrochen in vollständiger stationärer Behandlung war. Ergeht vor Ablauf dieser Frist ein Beschluss des Betreuungsgerichtes auf der Grundlage von Artikel 706-135 der Strafprozessordnung, Artikel L. 3211-12 oder L. 3213-5 der Gesundheitsordnung oder dieses Artikels, beginnt die Frist von neuem zu laufen“;

  4. In Erwägung dessen, dass der Artikel L. 3213-8 der Gesundheitsordnung in der Fassung des oben genannten Gesetzes vom 5. Juli 2011 vorschreibt: „Der Vertreter des Staates in dem Departement darf die Beendigung einer psychiatrischen Behandlung nur nach Einholung der Stellungnahme des in Artikel L. 3211-9 genannten Gremiums sowie zweier gleichlautender, von gemäß den Voraussetzungen von Artikel L. 3213-5-1 ausgewählten Psychiatern verfassten Stellungnahmen über den geistigen Gesundheitszustand des Patienten beschließen:
    „1o wenn eine stationäre Behandlung des Patienten auf der Grundlage von Artikel L. 3213-7 dieses Gesetzbuches oder von Artikel 706-135 der Strafprozessordnung erfolgt oder wenn in der Vergangenheit eine solche Maßnahme auf der Grundlage besagter Vorschriften angeordnet worden war;
    „2o wenn der Patient für eine von einem Dekret nach Stellungnahme des Staatsrates festgelegte Dauer in einer in Artikel L. 3222-3 genannten Abteilung für schwierige Fälle betreut wird oder bereits einmal betreut wurde.
    „Diese Vorschrift gilt nicht in Fällen, in denen die Beendigung der Behandlungsmaßnahmen nach Ziffer 1o und 2o mehr als zehn Jahre zurückliegt.
    „Der Vertreter des Staates in dem Departement bestimmt die Frist, binnen derer im Rahmen der von einem Dekret nach Stellungnahme des Staatsrates festgelegten Höchstdauer der Frist die in Absatz 1 genannten Stellungnahmen des Gremiums und der beiden Psychiater einzuholen sind. Nach Ablauf der entsprechenden Fristen ergeht die Entscheidung des Vertreters des Staates unverzüglich. Die Bedingungen der Einholung der Stellungnahmen des Gremiums und der beiden Psychiater werden durch besagtes Dekret nach Stellungnahme des Staatsrates festgelegt“;

  5. In Erwägung dessen, dass die antragstellende Vereinigung anfechtet: erstens die Regelungen über eine ohne die Einwilligung des Patienten erfolgende psychiatrische Behandlung - außer der vollständigen stationären Behandlung - welche gemäß der Vorschrift von Artikel L. 3211-2-1 angeordnet werden kann, zweitens die von Artikel L. 3211-12-1 Absatz I Ziffer 3o für die erneute Prüfung durch das Betreuungsgericht von gerichtlich angeordneten oder verlängerten Maßnahmen zur vollständigen stationären Behandlung vorgesehene Frist und, drittens, die von Artikel L. 3211-12 Absatz II und Artikel L. 3213-8 vorgesehenen Ausnahmeregelungen, welche für die Aufhebung von Behandlungsmaßnahmen von Personen gelten, die für schuldunfähig erklärt oder in einer Abteilung für schwierige Fälle betreut wurden;

  • ÜBER DEN ANWENDBAREN PRÜFUNGSMASSSTAB:
  1. In Erwägung dessen, dass Artikel 66 der Verfassung vorschreibt: „Niemand darf willkürlich in Haft gehalten werden. - Die Justiz gewährleistet als Hüterin der persönlichen Freiheit die Einhaltung dieses Grundsatzes gemäß den gesetzlich festgelegten Voraussetzungen“; dass der Gesetzgeber im Rahmen seiner Zuständigkeit befugt ist, je nach Art und Anwendungsbereich des Eingriffs, den er in die persönliche Freiheit vorzunehmen gedenkt, verschiedene Modalitäten für das Einschreiten der Gerichte vorzusehen;

  2. In Erwägung dessen, dass die Nation gemäß dem elften Absatz der Präambel der Verfassung von 1946 jedermann den Schutz seiner Gesundheit zusichert; dass Artikel 34 der Verfassung bestimmt, dass es in den Zuständigkeitsbereich des Gesetzes fällt, die den Staatsbürgern zur Ausübung ihrer Grundrechte gewährten grundlegenden Garantien zu regeln; dass es dem Gesetzgeber jederzeit freisteht, im Rahmen seiner Zuständigkeit, neue Regelungen, deren Zweckmäßigkeit er beurteilt, zu erlassen, bestehende Gesetze zu ändern oder sie aufzuheben und gegebenenfalls durch neue zu ersetzen, sofern er bei der Ausübung dieser Befugnis Vorgaben von Verfassungsrang nicht die gesetzlichen Gewährleistungen entzieht;

  3. In Erwägung dessen, dass die Unterbringung in einem Krankenhaus einer unter einer geistigen Störung leidenden Person gegen deren Willen den aus Artikel 66 der Verfassung folgenden Grundsatz achten muss, gemäß welchem die Freiheit der Person nicht durch eine nicht notwendige Härte eingeschränkt werden darf; dass es dem Gesetzgeber obliegt, auf der einen Seite den Schutz der Gesundheit von Menschen, die unter einer geistigen Störung leiden, sowie die zum Schutz verfassungsrechtlicher Rechte und Grundsätze unerlässliche Verhinderung von Angriffen auf die öffentliche Sicherheit und Ordnung, und auf der anderen Seite die Ausübung der von der Verfassung verbürgten Rechte und Freiheiten miteinander in Einklang zu bringen; dass zu diesen Rechten und Freiheiten die Freizügigkeit und das Recht auf Achtung der Privatsphäre, welche von den Artikeln 2 und 4 der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 geschützt werden, ebenso gehören wie die persönliche Freiheit, deren Schutz gemäß Artikel 66 der Verfassung der Justiz obliegt; dass die Eingriffe in diese Freiheitsrechte im Hinblick auf das verfolgte Schutzziel angemessen, notwendig und verhältnismäßig sein müssen;

  • ÜBER DEN ARTIKEL L. 3211-2-1:
  1. In Erwägung dessen, dass die antragstellende Vereinigung vorträgt, die Bestimmungen des Artikels L. 3211-2-1 der Gesundheitsordnung verstießen gegen die verfassungsrechtlichen Vorgaben zum Schutz der persönlichen Freiheit, da sie die zwangsweise psychiatrische Behandlung von Patienten erlaube - insbesondere im Rahmen von „Aufenthalte[n] in einer [psychiatrischen] Einrichtung“ -, ohne dass die Behandlungsmaßnahmen grundsätzlich von einem Gericht geprüft werden müssten;

  2. In Erwägung dessen, dass das oben genannte Gesetz vom 5. Juli 2011 die psychiatrische Behandlung einer Person ohne deren Zustimmung erlaubt, und zwar sowohl im Rahmen einer „vollständige[n] stationäre[n] Behandlung“ als auch „auf eine andere Art und Weise, welche eine ambulante Behandlung, gegebenenfalls auch häusliche Pflege, durch eine [psychiatrische] Einrichtung“ sowie gegebenenfalls Aufenthalte in einer solchen Einrichtung einschließt; dass der Artikel L. 3211-12 der Gesundheitsordnung zwar vorsieht, dass das zuständige Betreuungsgericht jederzeit angerufen werden kann, um unverzüglich die sofortige Aufhebung einer ohne die Einwilligung des Patienten erfolgenden psychiatrischen Behandlungsmaßnahme zu erwirken, so geht doch aus dem ersten Absatz von Artikel L. 3211-12-1 der Gesundheitsordnung hervor, dass die vollständige stationäre Behandlung die einzige psychiatrische Behandlungsmaßnahme ist, die nicht ohne eine entsprechende gerichtliche Entscheidung fortgesetzt werden darf;

  3. In Erwägung dessen, dass, erstens, ein „Behandlungsplan“ von einem Psychiater der betreuenden Einrichtung aufgestellt wird, wenn der ohne seine Zustimmung psychiatrisch behandelte Patient nicht im Rahmen einer vollständigen stationären Behandlung betreut wird; dass vor der Erstellung und jeder Änderung des Behandlungsplanes im Rahmen eines Gespräches die Meinung des Patienten einzuholen und während dieses Gespräches der Patient über seine Rechte gemäß Artikel L. 3211-3 aufzuklären und über die Vorschrift von Artikel L. 3211-11 zu unterrichten ist; dass der zweite Absatz von Artikel L. 3211-11 der Gesundheitsordnung bestimmt, dass der Psychiater, wenn er zu der Auffassung gelangt, dass eine ambulante Betreuung des Patienten, insbesondere wegen dessen Verhalten, nicht mehr erlaubt, die aufgrund des Gesundheitszustandes des Patienten notwendigen Behandlungsmaßnahmen zu gewährleisten, „dem Leiter der den Patienten betreuenden Einrichtung unverzüglich ein eingehendes medizinisches Gutachten übermittelt, welches eine vollständige stationäre Behandlung vorschlägt“; dass der letzte Absatz von Artikel L. 3212-4 und der Absatz III von Artikel L. 3213-3 die Voraussetzungen für eine entsprechende Änderung der Betreuungsmodalitäten nach Artikel L. 3211-2-1 Ziffer 2o benennen;

  4. In Erwägung dessen, dass aus diesen Bestimmungen hervorgeht, dass die Vorschriften von Artikel L. 3211-2-1, welche ermöglichen, dass Personen, die nicht im Rahmen einer „vollständige[n] stationäre[n] Behandlung“ betreut werden, der Verpflichtung unterworfen werden, sich psychiatrisch behandeln zu lassen - gegebenenfalls auch im Rahmen eines Aufenthaltes in einer entsprechenden Einrichtung -, keine zwangsweise Durchsetzung dieser Verpflichtung erlauben; dass besagte Personen weder mit Gewalt behandelt werden noch durch Gewaltanwendung zu den vom Behandlungsplan vorgesehenen Aufenthalten in einer Heilanstalt gezwungen oder in einer solchen Einrichtung festgehalten werden dürfen; dass gegen eine Person, die gemäß den Voraussetzungen von Artikel L. 3211-2-1 Ziffer 2o betreut wird, keine Zwangsmaßnahme durchgeführt werden kann, sofern die Betreuung nicht vorher durch eine vollständige stationäre Behandlung ersetzt wurde; dass, unter diesen Voraussetzungen die Rüge, die Freiheit der Person sei verletzt, nicht durchgreift;

  5. In Erwägung dessen, dass, zweitens, aus Artikel L. 3211-2-1 in Verbindung mit den Artikeln L. 3212-1 und L. 3213-1 hervorgeht, dass eine unter einer geistigen Störung leidende Person nur dann ohne ihre Zustimmung in einer psychiatrischen Einrichtung behandelt werden darf - auch durch eine vollständige stationäre Behandlung -, wenn „die geistige Störung“ eine Einwilligung in die Behandlung „unmöglich macht“ und der „geistige Gesundheitszustand [der Person] eine sofortige Behandlung einschließlich ständiger ärztlicher Betreuung erfordert“, oder wenn die geistige Störung „eine Behandlung erfordert und die Sicherheit anderer Menschen gefährdet oder eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt“; dass das zuständige Betreuungsgericht in jedem Fall und jederzeit auf der Grundlage von Artikel L. 3211-12 zwecks unverzüglicher Erwirkung der sofortigen Aufhebung einer solchen Maßnahme angerufen werden kann; dass der Gesetzgeber mit der Verabschiedung dieser Vorschriften den Gesundheitsschutz und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung einerseits, und die von den Artikeln 2 und 4 der Erklärung von 1789 geschützte Freiheit der Person andererseits auf eine Art und Weise miteinander in Einklang gebracht hat, die nicht offensichtlich unverhältnismäßig ist;

  6. In Erwägung dessen, dass aus diesen Ausführungen folgt, dass der Artikel L. 3211-2-1 der Gesundheitsordnung, welcher auch nicht gegen andere von der Verfassung verbürgte Rechte und Freiheiten verstößt, für verfassungsgemäß erklärt wird;

  • ÜBER ZIFFER 3o DES ABSATZES I VON ARTIKEL L. 3211-12-1:
  1. In Erwägung dessen, dass die antragstellende Vereinigung behauptet, Artikel L. 3211-12-1 Absatz I Ziffer 3o der Gesundheitsordnung verstoße gegen Artikel 66 der Verfassung, da er erlaube, dass eine vollständige stationäre Behandlung für eine Dauer von bis zu sechs Monaten fortgesetzt werden könne, ohne dass die Behandlungsmaßnahmen grundsätzlich von einem ordentlichen Gericht überprüft werden müssten;

  2. In Erwägung dessen, dass der Verfassungsrat in seinen oben genannten Entscheidungen vom 26. November 2010 und vom 9. Juni 2011 entschieden hat, dass die Fortführung der Unterbringung einer unter einer geistigen Störung leidenden Person ohne deren Zustimmung in einer Krankenanstalt über vierzehn Tagen ohne Prüfung durch ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit hinaus den Anforderungen, die sich aus Artikel 66 der Verfassung ergeben, nicht genügt; dass infolge dieser Entscheidungen das oben genannte Gesetz vom 5. Juli 2011 insbesondere einen Artikel L. 3211-12-1 in die Gesundheitsordnung hinzugefügt hat; dass die ersten drei Absätze von Absatz I dieses Artikels vorsehen, dass eine auf der Grundlage einer behördlichen Entscheidung erfolgende vollständige stationäre Behandlung eines Patienten nicht fortgesetzt werden darf, wenn nicht das zuständige Betreuungsgericht binnen einer Frist von vierzehn Tagen über diese Maßnahme entscheidet;

  3. In Erwägung dessen, dass Ziffer 3o dieses Absatzes I bestimmt, dass eine Einweisungsmaßnahme, die auf der Grundlage von Artikel 706-135 der Strafprozessordnung gerichtlich angeordnet wurde oder bezüglich derer gemäß den von der Gesundheitsordnung vorgesehenen Voraussetzungen bereits eine Entscheidung des zuständigen Betreuungsgerichts ergangen ist, nicht fortgeführt werden darf, wenn nicht das zuständige Betreuungsgericht binnen einer Frist von sechs Monaten über diese Maßnahme entscheidet; dass diese Bestimmungen damit eine regelmäßige Überprüfung - spätestens jedoch alle sechs Monate - von ohne die Zustimmung des Patienten erfolgenden Behandlungsmaßnahmen im Rahmen einer vollständigen stationären Behandlung, über die ein ordentliches Gericht bereits entschieden hat, vorschreiben; dass die angegriffenen Vorschriften der Möglichkeit, jederzeit das zuständige Betreuungsgericht anzurufen, damit dieses die sofortige Aufhebung der Maßnahme anordne, nicht entgegenstehen; dass der Gesetzgeber infolgedessen die Anforderungen von Artikel 66 der Verfassung einerseits, und das sich aus den Artikeln 12, 15 und 16 der Erklärung von 1789 ergebende Ziel einer wirksamen Rechtspflege andererseits auf eine Art und Weise miteinander in Einklang gebracht hat, die nicht unverhältnismäßig ist;

  4. In Erwägung dessen, dass aus diesen Ausführungen folgt, dass Artikel L. 3211-12-1 Absatz I Ziffer 3o der Gesundheitsordnung, welcher auch nicht gegen andere von der Verfassung verbürgte Rechte und Freiheiten verstößt, für verfassungsgemäß erklärt wird;

  • ÜBER DEN ABSATZ II VON ARTIKEL L. 3211-12 UND DEN ARTIKEL L. 3213-8:
  1. In Erwägung dessen, dass der Absatz II von Artikel L. 3211-12 die Anordnung von Behandlungsmaßnahmen durch den Vertreter des Staates betrifft, wenn dieser von den Justizbehörden davon unterrichtet wird, dass der geistige Gesundheitszustand einer Person, gegen die ein Strafverfahren eingestellt oder deren Schuldunfähigkeit durch Entscheidung, Beschluss oder Urteil festgestellt wurde, eine Behandlung erfordert und die Sicherheit anderer Menschen gefährdet oder eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt; dass der Artikel L. 3213-8 nur dann Anwendung findet, wenn eine stationäre Behandlung des Patienten gemäß den gleichen Voraussetzungen und aufgrund der gleichen Gründe erfolgt oder bereits in der Vergangenheit vom Vertreter des Staates angeordnet worden war;

  2. In Erwägung dessen, dass der Absatz II von Artikel L. 3211-12 und der Artikel L. 3213-8 Personen betreffen, die im Laufe der zehn zurückliegenden Jahre entweder aufgrund einer Verfügung eines Ermittlungs- oder Strafgerichtes, welches besagte Personen aufgrund einer geistigen Störung auf der Grundlage von Artikel 706-135 der Strafprozessordnung durch Beschluss oder Urteil für schuldunfähig erklärt hat, zwecks psychiatrischer Behandlung im Rahmen einer vollständigen stationären Behandlung in eine psychiatrische Heilanstalt eingewiesen wurden oder worden sind, oder deren Behandlung in einer Heilanstalt vom Vertreter des Staates angeordnet wurde oder worden ist, wenn besagte Personen darüber hinaus während ihrer Behandlung für eine von einem Dekret nach Stellungnahme des Staatsrates festgelegte Dauer in einer Abteilung für schwierige Fälle aufgenommen wurden;

21 In Erwägung dessen, dass der Artikel L. 3211-12 die Voraussetzungen regelt, gemäß welchen das zuständige Betreuungsgericht angerufen werden kann, um die sofortige Aufhebung einer ohne die Einwilligung des Patienten erfolgenden psychiatrischen Behandlungsmaßnahme zu erwirken; dass der Absatz II dieser Vorschrift zum einen vorsieht, dass die Entscheidung des Betreuungsgerichtes erst nach Einholung der Stellungnahme des in Artikel L. 3211-9 genannten Gremiums behandelnder Ärzte ergehen darf, und zum anderen vorschreibt, dass das Betreuungsgericht die Aufhebung der Maßnahme nur nach Einholung von zwei zusätzlichen, von Psychiatern erstellten Gutachten verfügen kann;

  1. In Erwägung dessen, dass der Artikel L. 3213-8 in Bezug auf die von dieser Bestimmung betroffenen Personen vorschreibt, dass der Vertreter des Staates die Beendigung einer psychiatrischen Behandlung nur nach Einholung der Stellungnahme des in Artikel L. 3211-9 genannten Gremiums behandelnder Ärzte sowie zweier gleichlautender, von zwei Psychiatern verfassten Stellungnahmen über den geistigen Gesundheitszustand des Patienten beschließen darf;

  2. In Erwägung dessen, dass im Übrigen der Artikel L. 3213-9-1 vorsieht, dass wenn der Vertreter des Staates beschließt, dem Gutachten eines Psychiaters der betreuenden Einrichtung, im dem der Psychiater feststellt, dass eine vollständige stationäre psychiatrische Behandlung des Patienten nicht länger erforderlich ist, nicht zu folgen, und nachdem der Patient von einem zweiten Psychiater untersucht worden ist, so kann der Vertreter des Staates in Bezug auf den in Absatz III von Artikel L. 3213-1 genannten Personenkreis - welcher derselbe wie der von Artikel L. 3213-8 genannte ist - die Aufhebung dieser Behandlungsmaßnahme oder eine auf eine andere Art und Weise erfolgende Behandlung nur dann anordnen, wenn jedes der vom letztgenannten Artikel vorgesehenen Sachverständigengutachten zu dem Schluss gelangt, dass eine vollständige stationäre Behandlung nicht länger erforderlich ist; dass im Übrigen, dieselben Personen betreffend, der letzte Absatz von Artikel L. 3213-4 den Vertreter des Staates von der Einhaltung der für die Aufrechterhaltung einer von ihm beschlossenen Maßnahme erforderlichen Formvorschriften freistellt;

  3. In Erwägung dessen, dass die Antragsteller behaupten, diese Vorschriften begründeten, indem sie für die Aufhebung von psychiatrischen Behandlungsmaßnahmen gegenüber Personen, die für schuldunfähig erklärt oder in einer Abteilung für schwierige Fälle betreut wurden, strengere Voraussetzungen vorsehen, eine nicht auf objektiven und zweckmäßigen Kriterien beruhende Ungleichbehandlung und verstießen daher gegen den Gleichheitssatz; dass die Rahmenbedingungen, gemäß welchen das zuständige Gericht die Aufhebung einer Maßnahme anordnen kann, darüber hinaus gegen den Grundsatz der Unabhängigkeit der Justiz als Hüterin der Freiheit der Person verstießen;

  4. In Erwägung dessen, dass der Gesetzgeber in Anbetracht der besonderen Lage, in der sich Personen befinden, die unter dem Einfluss einer geistigen Störung eine Straftat begangen haben oder deren besondere Gefährlichkeit im Verlauf der Behandlung in einer Krankenanstalt festgestellt wird, besondere Voraussetzungen für die Aufhebung von Behandlungsmaßnahmen vorschreiben durfte, die ohne die Zustimmung des betroffenen Patienten durchgeführt werden; dass der Gesetzgeber dabei jedoch diese Sonderregelungen mit gesetzlichen Schutzbestimmungen zu flankieren hat, damit willkürliche Maßnahmen ausgeschlossen sind;

  5. In Erwägung dessen, dass, erstens, der Artikel L. 3222-3 der Gesundheitsordnung vorsieht, dass Personen, die aufgrund einer Verfügung des Vertreters des Staates durch eine vollständige stationäre Behandlung psychiatrisch betreut werden, in einer Abteilung für schwierige Fälle aufgenommen werden können, wenn von diesen Personen „eine derartige Gefahr ausgeht, dass aufgrund dieser Gefährdung die notwendige Betreuung und die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen nur in einer besonderen Abteilung gewährleistet werden können“; dass weder dieser Artikel L. 3222-3 noch eine andere gesetzliche Bestimmung genauere Formvorschriften enthalten oder die Bedingungen näher bestimmen, gemäß welchen eine derartige Entscheidung der Behörden ergehen kann; dass sich daher aus den angegriffenen Bestimmungen ergibt, dass im Falle einer Betreuung in einer Abteilung für schwierige Fälle - welche im Übrigen ohne ausreichende gesetzliche Schutzvorschriften angeordnet wird - strengere Vorschriften gelten als in den anderen Fällen vollständiger stationärer Behandlung, insbesondere für die Aufhebung der Pflegemaßnahmen; dass die angegriffenen Bestimmungen infolgedessen den vorgenannten verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht genügen;

  6. In Erwägung dessen, dass, zweitens, die angegriffenen Vorschriften Anwendung finden, wenn der Vertreter des Staates auf der Grundlage von Artikel L. 3213-7 der Gesundheitsordnung Pflegemaßnahmen angeordnet hat; dass dieser Artikel bestimmt, dass wenn nach Ansicht der Justizbehörden der geistige Gesundheitszustand einer Person, gegen die auf der Grundlage von Artikel 122-1 Absatz 1 des Strafgesetzbuches ein Strafverfahren eingestellt oder deren Schuldunfähigkeit durch Entscheidung, Beschluss oder Urteil festgestellt wurde, eine Behandlung erfordert und die Sicherheit anderer Menschen gefährdet oder eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die Justizbehörden unverzüglich den im Departement für Fragen der psychiatrischen Pflege zuständigen Ausschuss und den Vertreter des Staates in dem Departement davon „unterrichten“; dass der Vertreter des Staates, nachdem er die Vorlegung eines ärztliches Attestes über den Gesundheitszustand des Kranken angeordnet hat, die Einweisung des Betroffenen in ein psychiatrische Behandlung verfügen kann;

  7. In Erwägung dessen, dass diese Unterrichtung des Vertreters des Staates durch die Justizbehörden unabhängig von der Schwere oder der Art der unter dem Einfluss der geistigen Störung begangenen Straftat zulässig ist; dass die angegriffenen Bestimmungen nicht vorschreiben, dass der Betroffene vorher davon in Kenntnis zu setzen sei; dass in Ermangelung von Sonderbestimmungen über die Berücksichtigung der begangenen Straftaten oder über ein angemessenes Verfahren, die angegriffenen Vorschriften infolgedessen zur Folge haben, dass aufgrund der ohne ausreichende gesetzliche Schutzvorschriften erfolgenden Entscheidung zur Unterrichtung strengere Vorschriften gelten als in den anderen Fällen, in denen eine Person sich einer psychiatrischen Behandlung zu unterziehen hat, insbesondere für die Aufhebung der Pflegemaßnahmen; dass auch diese Vorschriften und aus denselben Gründen den oben genannten verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht genügen;

  8. In Erwägung dessen, dass aus diesen Ausführungen folgt, dass der Absatz II von Artikel L. 3211-12 der Gesundheitsordnung sowie der Artikel L. 3213-8 der Gesundheitsordnung für verfassungswidrig erklärt werden müssen;

  • ÜBER DIE RECHTSFOLGEN DER VERFASSUNGSWIDRIGKEITSERKLÄRUNG:
  1. In Erwägung dessen, dass Artikel 62 Absatz 2 der Verfassung bestimmt: „Eine gemäß Artikel 61-1 für verfassungswidrig erklärte Bestimmung ist ab der Veröffentlichung der Entscheidung des Verfassungsrates oder zu einem in dieser Entscheidung festgesetzten späteren Zeitpunkt aufgehoben. Der Verfassungsrat bestimmt die Bedingungen und Grenzen einer möglichen Anfechtung der Folgen der betreffenden Bestimmung“; dass wenngleich grundsätzlich die Partei, welche die vorrangige Frage zur Verfassungsmäßigkeit erhoben hat, einen Vorteil aus der Verfassungswidrigkeitserklärung erlangen soll und die für verfassungswidrig erklärte Bestimmung in zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsrates anhängigen Gerichtsverfahren nicht mehr angewendet werden darf, so behält die Vorschrift des Artikels 62 der Verfassung dem Verfassungsrat vor, den Zeitpunkt festzulegen, an dem die Aufhebung der verfassungswidrigen Norm eintritt, und zu bestimmen, ob und auf welche Art und Weise Rechtsfolgen angefochten werden können, die vor der Verfassungswidrigkeitserklärung auf der Grundlage der verfassungswidrigen Vorschrift eingetreten sind;

  2. In Erwägung dessen, dass die sofortige Aufhebung des Absatzes II von Artikel L. 3211-12 sowie des Artikels L. 3213-8 der Gesundheitsordnung offensichtlich unverhältnismäßige Folgen nach sich ziehen würde; dass daher der Zeitpunkt der Aufhebung dieser Vorschriften auf den 1. Oktober 2013 verschoben wird, um es dem Gesetzgeber zu ermöglichen, die festgestellte verfassungswidrige Situation zu bereinigen; dass vor diesem Zeitpunkt auf der Grundlage der für verfassungswidrig erklärten Bestimmungen ergangene Entscheidungen nicht auf der Grundlage dieser Verfassungswidrigkeit angefochten werden können,

ENTSCHEIDET:

Artikel 1 - Der Artikel L. 3213-8 und der Absatz II von Artikel L. 3211-12 der Gesundheitsordnung sind verfassungswidrig.

Artikel 2 - Die in Artikel 1 ausgesprochene Verfassungswidrigkeitserklärung wird ab dem 1. Oktober 2013 gemäß den in der Erwägung Nr. 31 festgelegten Voraussetzungen wirksam.

Artikel 3 - Der Artikel L. 3211-2-1 und Ziffer 3o des Absatzes I von Artikel L. 3211-12-1 der Gesundheitsordnung sind verfassungskonform.

Artikel 4 - Diese Entscheidung wird im Amtsblatt der Französischen Republik veröffentlicht und gemäß den Vorschriften des Artikels 23-11 der oben genannten gesetzesvertretenden Verordnung vom 7. November 1958 zugestellt.

Beschlossen durch den Verfassungsrat in seiner Sitzung vom 19. April 2012, an der teilgenommen haben die Damen und Herren Jean-Louis DEBRÉ, Präsident, Jacques BARROT, Claire BAZY MALAURIE, Guy CANIVET, Michel CHARASSE, Renaud DENOIX de SAINT MARC, Jacqueline de GUILLENCHMIDT, Hubert HAENEL und Pierre STEINMETZ.

Veröffentlicht am 20. April 2012.

Les abstracts

  • 4. DROITS ET LIBERTÉS
  • 4.18. LIBERTÉ INDIVIDUELLE
  • 4.18.2. Champ d'application
  • 4.18.2.4. Mesures qui ne relèvent pas du champ d'application de l'article 66 de la Constitution.

Lorsqu'une personne faisant l'objet de soins psychiatriques sans son consentement n'est pas prise en charge sous la forme d'une hospitalisation complète, un " programme de soins " est établi par un psychiatre de l'établissement. L'avis du patient est recueilli préalablement à la définition et avant toute modification de ce programme, à l'occasion d'un entretien au cours duquel il reçoit l'information prévue à l'article L. 3211-3 du code de la santé publique et est avisé des dispositions de l'article L. 3211-11 du même code. Le second alinéa de l'article L. 3211-11 dispose que, lorsque le psychiatre constate que la prise en charge sous la forme ambulatoire ne permet plus, notamment du fait du comportement de la personne, de dispenser les soins nécessaires à son état, il " transmet immédiatement au directeur de l'établissement d'accueil un certificat médical circonstancié proposant une hospitalisation complète ". Le dernier alinéa de l'article L. 3212-4 et le paragraphe III de l'article L. 3213-3 du même code fixent les modalités selon lesquelles une prise en charge au titre du 2° de l'article L. 3211-2-1 peut être modifiée à cette fin.
Il résulte de ces dispositions qu'en permettant que des personnes qui ne sont pas prises en charge en " hospitalisation complète " soient soumises à une obligation de soins psychiatriques pouvant comporter, le cas échéant, des séjours en établissement, les dispositions de l'article L. 3211-2-1 du code de la santé publique n'autorisent pas l'exécution d'une telle obligation sous la contrainte. Ces personnes ne sauraient se voir administrer des soins de manière coercitive ni être conduites ou maintenues de force pour accomplir les séjours en établissement prévus par le programme de soins. Aucune mesure de contrainte à l'égard d'une personne prise en charge dans les conditions prévues par le 2° de l'article L. 3211-2-1 ne peut être mise en œuvre sans que la prise en charge ait été préalablement transformée en hospitalisation complète. Dans ces conditions, le grief tiré de la violation de la liberté individuelle manque en fait.

(2012-235 QPC, 20 April 2012, cons. 11, 12, Journal officiel du 21 avril 2012, page 7194, texte n° 78)
  • 4. DROITS ET LIBERTÉS
  • 4.18. LIBERTÉ INDIVIDUELLE
  • 4.18.4. Contrôle des mesures portant atteinte à la liberté individuelle
  • 4.18.4.14. Hospitalisation sans consentement des malades mentaux

Dans l'exercice de sa compétence, le législateur peut fixer des modalités d'intervention de l'autorité judiciaire différentes selon la nature et la portée des mesures affectant la liberté individuelle qu'il entend édicter.
En vertu du onzième alinéa du Préambule de la Constitution de 1946, la Nation garantit à tous le droit à la protection de la santé. L'article 34 de la Constitution dispose que la loi fixe les règles concernant les garanties fondamentales accordées aux citoyens pour l'exercice des libertés publiques. Il est à tout moment loisible au législateur, statuant dans le domaine de sa compétence, d'adopter des dispositions nouvelles, dont il lui appartient d'apprécier l'opportunité, et de modifier des textes antérieurs ou d'abroger ceux-ci en leur substituant, le cas échéant, d'autres dispositions, dès lors que, dans l'exercice de ce pouvoir, il ne prive pas de garanties légales des exigences constitutionnelles.
L'hospitalisation sans son consentement d'une personne atteinte de troubles mentaux doit respecter le principe, résultant de l'article 66 de la Constitution, selon lequel la liberté individuelle ne saurait être entravée par une rigueur qui ne soit nécessaire. Il incombe au législateur d'assurer la conciliation entre, d'une part, la protection de la santé des personnes souffrant de troubles mentaux ainsi que la prévention des atteintes à l'ordre public nécessaire à la sauvegarde de droits et principes de valeur constitutionnelle et, d'autre part, l'exercice des libertés constitutionnellement garanties. Au nombre de celles-ci figurent la liberté d'aller et venir et le respect de la vie privée, protégés par les articles 2 et 4 de la Déclaration des droits de l'homme et du citoyen de 1789, ainsi que la liberté individuelle dont l'article 66 de la Constitution confie la protection à l'autorité judiciaire. Les atteintes portées à l'exercice de ces libertés doivent être adaptées, nécessaires et proportionnées aux objectifs poursuivis.

(2012-235 QPC, 20 April 2012, cons. 6, 7, 8, Journal officiel du 21 avril 2012, page 7194, texte n° 78)

Le 3° du paragraphe I de l'article L. 3211-12-1 du code de la santé publique dispose que toute mesure d'hospitalisation ordonnée par une juridiction en application de l'article 706-135 du code de procédure pénale ou sur laquelle le juge des libertés et de la détention s'est déjà prononcé dans les conditions prévues par le code de la santé publique ne peut se poursuivre sans que le juge n'ait statué sur la mesure avant l'expiration d'un délai de six mois. Ces dispositions imposent ainsi un réexamen périodique, au maximum tous les six mois, des mesures de soins sans consentement sous la forme de l'hospitalisation complète sur lesquelles une juridiction judiciaire s'est déjà prononcée. Les dispositions contestées ne font pas obstacle à ce que le juge des libertés et de la détention puisse être saisi à tout moment aux fins d'ordonner la mainlevée immédiate de la mesure. Par suite, en adoptant ces dispositions, le législateur a assuré, entre les exigences de l'article 66 de la Constitution et l'objectif de valeur constitutionnelle de bonne administration de la justice, qui découle des articles 12, 15 et 16 de la Déclaration des droits de l'homme et du citoyen de 1789, une conciliation qui n'est pas déséquilibrée.

(2012-235 QPC, 20 April 2012, cons. 17, Journal officiel du 21 avril 2012, page 7194, texte n° 78)

Le paragraphe II de l'article L. 3211-12 et l'article L. 3213-8 du code de la santé publique intéressent les personnes faisant ou ayant fait l'objet, au cours des dix dernières années, d'une hospitalisation ordonnée par le représentant de l'État lorsque ces personnes ont, en outre, été, au cours de leur hospitalisation, admises en unité pour malades difficiles pendant une durée fixée par décret en Conseil d'État.
L'article L. 3211-12 est relatif aux conditions dans lesquelles le juge des libertés et de la détention peut être saisi pour ordonner la mainlevée immédiate d'une mesure de soins psychiatriques ordonnés sans le consentement du patient. Son paragraphe II dispose, d'une part, que le juge des libertés et de la détention ne peut statuer qu'après avoir recueilli l'avis du collège de soignants prévu par l'article L. 3211-9 et, d'autre part, qu'il ne peut décider la mainlevée de la mesure sans avoir ordonné deux expertises supplémentaires établies par deux psychiatres. L'article L. 3213-8 dispose, en ce qui concerne les personnes visées par ce texte, que le représentant de l'État ne peut décider de mettre fin à une mesure de soins psychiatriques qu'après avis du collège de soignants mentionné à l'article L. 3211-9 ainsi qu'après deux avis concordants sur l'état mental du patient émis par deux psychiatres.
En raison de la spécificité de la situation des personnes qui présentent, au cours de leur hospitalisation, une particulière dangerosité, le législateur pouvait assortir de conditions particulières la levée de la mesure de soins sans consentement dont ces personnes font l'objet. Toutefois, il lui appartient d'adopter les garanties légales contre le risque d'arbitraire encadrant la mise en œuvre de ce régime particulier.
L'article L. 3222-3 du code de la santé publique prévoit que les personnes soumises par le représentant de l'État à des soins psychiatriques sous la forme d'une hospitalisation complète peuvent être prises en charge dans une unité pour malades difficiles lorsqu'elles " présentent pour autrui un danger tel que les soins, la surveillance et les mesures de sûreté nécessaires ne peuvent être mis en œuvre que dans une unité spécifique ". Ni cet article ni aucune autre disposition législative n'encadrent les formes et ne précisent les conditions dans lesquelles une telle décision est prise par l'autorité administrative. Les dispositions contestées font ainsi découler d'une hospitalisation en unité pour malades difficiles, laquelle est imposée sans garanties légales suffisantes, des règles plus rigoureuses que celles applicables aux autres personnes admises en hospitalisation complète, notamment en ce qui concerne la levée de ces soins. Par suite, elles méconnaissent les exigences constitutionnelles assurant la protection de la liberté individuelle.

(2012-235 QPC, 20 April 2012, cons. 20, 21, 22, 25, 26, Journal officiel du 21 avril 2012, page 7194, texte n° 78)

Le paragraphe II de l'article L. 3211-12 et l'article L. 3213-8 du code la santé publique intéressent les personnes faisant ou ayant fait l'objet, au cours des dix dernières années, d'une mesure d'admission en soins psychiatriques, sous la forme d'une hospitalisation complète dans un établissement psychiatrique ordonnée par une chambre d'instruction ou une juridiction de jugement prononçant un arrêt ou un jugement de déclaration d'irresponsabilité pour cause de trouble mental en application de l'article 706-135 du code de procédure pénale.
L'article L. 3211-12 est relatif aux conditions dans lesquelles le juge des libertés et de la détention peut être saisi pour ordonner la mainlevée immédiate d'une mesure de soins psychiatriques ordonnée sans le consentement du patient. Son paragraphe II dispose, d'une part, que le juge des libertés et de la détention ne peut statuer qu'après avoir recueilli l'avis du collège de soignants prévu par l'article L. 3211-9 et, d'autre part, qu'il ne peut décider la mainlevée de la mesure sans avoir ordonné deux expertises supplémentaires établies par deux psychiatres. L'article L. 3213-8 dispose, en ce qui concerne les personnes visées par ce texte, que le représentant de l'État ne peut décider de mettre fin à une mesure de soins psychiatriques qu'après avis du collège de soignants mentionné à l'article L. 3211-9 ainsi qu'après deux avis concordants sur l'état mental du patient émis par deux psychiatres.
En raison de la spécificité de la situation des personnes ayant commis des infractions pénales en état de trouble mental, le législateur pouvait assortir de conditions particulières la levée de la mesure de soins sans consentement dont ces personnes font l'objet. Toutefois, il lui appartient d'adopter les garanties légales contre le risque d'arbitraire encadrant la mise en œuvre de ce régime particulier.
Les dispositions contestées s'appliquent lorsque le représentant de l'État a ordonné des soins conformément à l'article L. 3213-7 du code de la santé publique. Cet article dispose que, lorsque les autorités judiciaires estiment que l'état mental d'une personne qui a bénéficié, sur le fondement du premier alinéa de l'article 122-1 du code pénal, d'un classement sans suite, d'une décision d'irresponsabilité pénale ou d'un jugement ou arrêt de déclaration d'irresponsabilité pénale nécessite des soins et compromet la sûreté des personnes ou porte atteinte de façon grave à l'ordre public, elles " avisent " immédiatement la commission départementale des soins psychiatriques et le représentant de l'État dans le département. Ce dernier peut, après avoir ordonné la production d'un certificat médical sur l'état du malade, prononcer une mesure d'admission en soins psychiatriques.
La transmission au représentant de l'État par l'autorité judiciaire est possible quelles que soient la gravité et la nature de l'infraction commise en état de trouble mentaL. Les dispositions contestées ne prévoient pas l'information préalable de la personne intéressée. Par suite, faute de dispositions particulières relatives à la prise en compte des infractions ou à une procédure adaptée, ces dispositions font découler de cette décision de transmission, sans garanties légales suffisantes, des règles plus rigoureuses que celles applicables aux autres personnes soumises à une obligation de soins psychiatriques, notamment en ce qui concerne la levée de ces soins. Pour les mêmes motifs, ces dispositions ont également méconnu les exigences constitutionnelles assurant la protection de la liberté individuelle.

(2012-235 QPC, 20 April 2012, cons. 20, 21, 22, 25, 27, 28, Journal officiel du 21 avril 2012, page 7194, texte n° 78)
  • 4. DROITS ET LIBERTÉS
  • 4.19. LIBERTÉ PERSONNELLE
  • 4.19.7. Liberté personnelle et protection de la santé

Il résulte de la combinaison de l'article L. 3211-2-1 et des articles L. 3212-1 et L. 3213-1 du code de la santé publique qu'une personne atteinte de troubles mentaux ne peut être soumise sans son consentement à des soins dispensés par un établissement psychiatrique, même sans hospitalisation complète, que lorsque " ses troubles mentaux rendent impossible son consentement " à des soins alors que " son état mental impose des soins immédiats assortis d'une surveillance médicale constante " ou lorsque ces troubles " nécessitent des soins et compromettent la sûreté des personnes ou portent atteinte, de façon grave, à l'ordre public ". En tout état de cause, le juge des libertés et de la détention peut être saisi à tout moment, dans les conditions fixées par l'article L. 3211-12 du même code, aux fins d'ordonner à bref délai la mainlevée immédiate d'une telle mesure. En adoptant ces dispositions, le législateur a assuré, entre la protection de la santé et la protection de l'ordre public, d'une part, et la liberté personnelle, protégée par les articles 2 et 4 de la Déclaration de 1789, d'autre part, une conciliation qui n'est pas manifestement déséquilibrée.

(2012-235 QPC, 20 April 2012, cons. 13, Journal officiel du 21 avril 2012, page 7194, texte n° 78)
  • 11. CONSEIL CONSTITUTIONNEL ET CONTENTIEUX DES NORMES
  • 11.8. SENS ET PORTÉE DE LA DÉCISION
  • 11.8.6. Portée des décisions dans le temps
  • 11.8.6.2. Dans le cadre d'un contrôle a posteriori (article 61-1)
  • 11.8.6.2.2. Abrogation
  • 11.8.6.2.2.2. Abrogation reportée dans le temps

L'abrogation immédiate du paragraphe II de l'article L. 3211-12 et de l'article L. 3213-8 du code de la santé publique aurait des conséquences manifestement excessives. Par suite, afin de permettre au législateur de remédier à cette inconstitutionnalité, il y a lieu de reporter au 1er octobre 2013 la date de cette abrogation. Les décisions prises avant cette date en application des dispositions déclarées contraires à la Constitution ne peuvent être contestées sur le fondement de cette inconstitutionnalité.

(2012-235 QPC, 20 April 2012, cons. 30, 31, Journal officiel du 21 avril 2012, page 7194, texte n° 78)
  • 11. CONSEIL CONSTITUTIONNEL ET CONTENTIEUX DES NORMES
  • 11.8. SENS ET PORTÉE DE LA DÉCISION
  • 11.8.7. Autorité des décisions du Conseil constitutionnel
  • 11.8.7.2. Hypothèses où la chose jugée n'est pas opposée
  • 11.8.7.2.4. Mise en conformité de la loi avec les exigences constitutionnelles

Dans ses décisions n° 2012-71 QPC du 26 novembre 2010 et n° 2011-135/140 QPC du 9 juin 2011, le Conseil constitutionnel a jugé que le maintien de l'hospitalisation sans consentement d'une personne atteinte de troubles mentaux au delà de quinze jours sans intervention d'une juridiction judiciaire méconnaissait les exigences de l'article 66 de la Constitution. À la suite de ces décisions, la loi n° 2011-803 du 5 juillet 2011 a, notamment, inséré dans le code de la santé publique un article L. 3211-12-1. Les trois premiers alinéas du paragraphe I de cet article prévoient que l'hospitalisation complète d'un patient résultant d'une décision d'une autorité administrative ne peut se poursuivre sans que le juge des libertés et de la détention n'ait statué sur cette mesure avant l'expiration d'un délai de quinze jours.

(2012-235 QPC, 20 April 2012, cons. 16, Journal officiel du 21 avril 2012, page 7194, texte n° 78)
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