Entscheidung

Entscheidung Nr. 2011-135/140 QPC vom 9. Juni 2011

Herr Abdellatif B. und andere [Unterbringung von Amts wegen in einem Krankenhaus]

Der Verfassungsrat ist am 7. April 2011 gemäß den von Artikel 61-1 der Verfassung vorgesehenen Voraussetzungen vom Staatsrat (Beschluss Nr. 346207 vom 6. April 2011) bezüglich einer von Herrn Abdellatif B. erhobenen vorrangigen Frage zur Verfassungsmäßigkeit angerufen worden, welche die Frage der Vereinbarkeit der Artikel L. 3213-1 und L. 3213-4 der Gesundheitsordnung mit den von der Verfassung verbürgten Rechten und Freiheiten zum Gegenstand hat.

Der Verfassungsrat ist am 8. April 2011 gemäß denselben Voraussetzungen ebenfalls vom Kassationsgerichtshof (1. Zivilsenat, Beschluss Nr. 481 vom 8. April 2011) bezüglich einer von Herrn Jean-Louis C. erhobenen vorrangigen Frage zur Verfassungsmäßigkeit angerufen worden, welche die Vereinbarkeit des Artikels L. 3213-4 der Gesundheitsordnung mit den von der Verfassung verbürgten Rechten und Freiheiten zum Gegenstand hat.

DER VERFASSUNGSRAT,

Unter Bezugnahme auf die Verfassung;

Unter Bezugnahme auf die geänderte gesetzesvertretende Verordnung Nr. 58-1067 vom 7. November 1958, Verfassungsergänzungsgesetz über den Verfassungsrat;

Unter Bezugnahme auf die Gesundheitsordnung;

Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Verfassungsrates Nr. 2010-71 QPC vom 26. November 2010;

Unter Bezugnahme auf die Geschäftsordnung vom 4. Februar 2010 über das Verfahren vor dem Verfassungsrat bei vorrangigen Fragen zur Verfassungsmäßigkeit;

Unter Bezugnahme auf die für Herrn B. von der Rechtsanwaltskanzlei Mayet und Perrault, Rechtsanwälte der Anwaltskammer von Versailles, eingereichte Stellungnahme, eingetragen am 27. April 2011;

Unter Bezugnahme auf die für Herrn C. von Herrn RA Pierre Ricard, beim Staatsrat und beim Kassationsgerichtshof zugelassener Anwalt, eingereichte Stellungnahme, eingetragen am 29. April 2011;

Unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Premierministers, eingetragen am 29. April 2011;

Unter Bezugnahme auf die für die Vereinigung „Groupe information asiles“ von Frau RAin Corinne Vaillant, Rechtsanwältin der Anwaltskammer von Paris, eingereichte Stellungnahme, eingetragen am 13. Mai 2011;

Unter Bezugnahme auf die zu den Verfahrensakten gegebenen Unterlagen;

Nachdem Herr RA Raphaël Mayet für Herrn B., Herr RA Ricard für Herrn C., und Frau RAin Vaillant für die Vereinigung „Groupe information asiles“, sowie Herr Xavier Pottier, Beauftragter des Premierministers, im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 24. Mai 2011 gehört worden sind;

Nachdem der Berichterstatter gehört worden ist;

  1. In Erwägung dessen, dass es angezeigt ist, die beiden vorrangigen Fragen zur Verfassungsmäßigkeit zu einer gemeinsamen Entscheidung zu verbinden;

  2. In Erwägung dessen, dass der Artikel L. 3213-1 der Gesundheitsordnung lautet: „Auf der Grundlage eines eingehenden ärztlichen Attestes verfügt der Vertreter des Staates in dem Departement beziehungsweise, in Paris, der Polizeipräfekt von Amts wegen die Unterbringung von Personen, die aufgrund einer geistigen Störung einer Behandlung bedürfen und die Sicherheit anderer Menschen gefährden oder eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen, in einer von Artikel L. 3222-1 genannten Krankenanstalt. Das eingehende ärztliche Attest darf nicht von einem Psychiater des aufnehmenden Krankenhauses ausgestellt worden sein. Der Erlass des Präfekten ist zu begründen und soll die Umstände genau benennen, welche die Unterbringung in der Krankenanstalt erforderlich machen.
    „Binnen vierundzwanzig Stunden nach der Aufnahme des Kranken übermittelt der Leiter der aufnehmenden Krankenanstalt dem Vertreter des Staates in dem Departement und dem von Artikel L. 3222-5 genannten Ausschuss ein von einem Psychiater des Krankenhauses ausgestelltes ärztliches Attest.
    „Ein solcher Erlass wird, ebenso wie Erlasse nach Artikel L. 3213-2 oder L. 3213-4 bis L. 3213-7 und probeweise Entlassungen nach Artikel L. 3211-11 in einem Verzeichnis wie dem von Artikel L. 3212-11 vorgeschriebenen vermerkt; die Vorschrift des Artikels 3212-11 gilt bezüglich von Amts wegen in einer Krankenanstalt untergebrachter Personen“;

  3. In Erwägung dessen, dass der Artikel L. 3213-4 der Gesundheitsordnung bestimmt: „In den drei letzten Tagen vor Ablauf des ersten Monats der Unterbringung in einer Krankenanstalt kann der Vertreter des Staates in dem Departement nach begründeter Stellungnahme eines Psychiaters die Fortdauer der Unterbringung für weitere drei Monate verfügen. Danach kann die Unterbringung gemäß denselben Modalitäten durch einen Erlass des Vertreters des Staates in dem Departement für einen verlängerbaren Zeitraum von je bis zu sechs Monaten fortgeführt werden.
    „Ist bei Ablauf der im vorangehenden Absatz genannten Fristen keine Entscheidung des Vertreters des Staates ergangen, erfolgt von Rechts wegen die Aufhebung der Unterbringung in der Krankenanstalt.
    „Unbeschadet der vorangehenden Bestimmungen kann der Vertreter des Staates in dem Departement jederzeit nach Stellungnahme eines Psychiaters oder auf Vorschlag des von Artikel L. 3222-5 genannten Ausschusses die Beendigung der Unterbringungsmaßnahme verfügen“;

  4. In Erwägung dessen, dass die Antragsteller behaupten, das Verfahren zur Unterbringung von Amts wegen in einer Krankenanstalt verstoße gegen die von Artikel 66 der Verfassung geschützte Freiheit der Person;

  5. In Erwägung dessen, dass Artikel 66 der Verfassung vorschreibt: „Niemand darf willkürlich in Haft gehalten werden. - Die Justiz gewährleistet als Hüterin der persönlichen Freiheit die Einhaltung dieses Grundsatzes gemäß den gesetzlich festgelegten Voraussetzungen“; dass der Gesetzgeber im Rahmen seiner Zuständigkeit befugt ist, je nach Art und Anwendungsbereich des Eingriffs, den er in die persönliche Freiheit vorzunehmen gedenkt, verschiedene Modalitäten für das Einschreiten der Gerichte vorzusehen;

  6. In Erwägung dessen, dass die Nation gemäß dem elften Absatz der Präambel der Verfassung von 1946 jedermann den Schutz seiner Gesundheit zusichert; dass Artikel 34 der Verfassung bestimmt, dass es in den Zuständigkeitsbereich des Gesetzes fällt, die den Staatsbürgern zur Ausübung ihrer Grundrechte gewährten grundlegenden Garantien zu regeln; dass es dem Gesetzgeber jederzeit freisteht, im Rahmen seiner Zuständigkeit, neue Regelungen, deren Zweckmäßigkeit er beurteilt, zu erlassen, bestehende Gesetze zu ändern oder sie aufzuheben und gegebenenfalls durch neue zu ersetzen, sofern er bei der Ausübung dieser Befugnis Vorgaben von Verfassungsrang nicht die gesetzlichen Gewährleistungen entzieht;

  7. In Erwägung dessen, dass die Unterbringung in einem Krankenhaus einer unter einer geistigen Störung leidenden Person gegen ihren Willen den aus Artikel 66 der Verfassung folgenden Grundsatz achten muss, gemäß welchem die Freiheit der Person nicht durch eine nicht notwendige Härte eingeschränkt werden darf; dass es dem Gesetzgeber obliegt, auf der einen Seite den Schutz der Gesundheit von Menschen, die unter einer geistigen Störung leiden, sowie die zum Schutz verfassungsrechtlicher Rechte und Grundsätze unerlässliche Verhinderung von Angriffen auf die öffentliche Sicherheit und Ordnung, und auf der anderen Seite die Ausübung der von der Verfassung verbürgten Rechte und Freiheiten miteinander in Einklang zu bringen; dass zu diesen Rechten und Freiheiten die Freizügigkeit und das Recht auf Achtung der Privatsphäre, welche von den Artikeln 2 und 4 der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 geschützt werden, ebenso gehören wie die persönliche Freiheit, deren Schutz gemäß Artikel 66 der Verfassung der Justiz obliegt; dass die Eingriffe in diese Freiheitsrechte im Hinblick auf das verfolgte Schutzziel angemessen, notwendig und verhältnismäßig sein müssen;

  • ÜBER DIE VORAUSSETZUNGEN DER UNTERBRINGUNG VON AMTS WEGEN IN EINEM KRANKENHAUS:
  1. In Erwägung dessen, dass, erstens, der Artikel L. 3213-1 der Gesundheitsordnung vorsieht, dass eine unter einer geistigen Störung leidende Person nur dann von Amts wegen in einem Krankenhaus untergebracht werden darf, wenn diese geistige Störung eine Behandlung erfordert und die Sicherheit anderer Menschen gefährdet oder eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt; dass eine solche Sachlage einen Eingriff in die vorgenannten verfassungsmäßig verbürgten Freiheitsrechte zu rechtfertigen vermag;

  2. In Erwägung dessen, dass, zweitens, gemäß dem ersten Absatz desselben Artikels die Unterbringung von Amts wegen vom Präfekten beziehungsweise, in Paris, vom Polizeipräfekten auf der Grundlage eines eingehenden ärztlichen Attestes verfügt wird, das Attest nicht von einem Psychiater des aufnehmenden Krankenhauses ausgestellt worden sein darf und der Erlass des Präfekten mit Gründen versehen sein und die Umstände genau benennen muss, welche die Unterbringung in der Krankenanstalt erforderlich machen; dass obgleich Artikel 66 der Verfassung vorschreibt, dass jede freiheitsentziehende Maßnahme der Kontrolle durch die Justiz unterliegen muss, so gebietet er jedoch nicht, dass die Justiz stets vor der Durchführung einer derartigen Maßnahme angerufen werden muss; dass die Zuständigkeit des Präfekten, von Amts wegen die Unterbringung in einer Krankenanstalt anzuordnen, daher nicht gegen die Anforderungen des Artikels 66 der Verfassung verstößt;

  3. In Erwägung dessen, dass, drittens, der Artikel L. 3213-1 in seinem zweiten Absatz vorsieht, dass binnen vierundzwanzig Stunden nach der Aufnahme des Kranken ein von einem Psychiater des Krankenhauses ausgestelltes ärztliches Attest dem Vertreter des Staates in dem Departement und dem für psychiatrische Kliniken zuständigen Departement-Ausschuss übermittelt wird; dass für den Fall, dass dieses Gutachten nicht zu dem Schluss gelangt, der Betroffene müsse stationär behandelt werden, die angegriffene Bestimmung dazu führt - sofern die zuständige Behörde die Unterbringung nicht von Amts wegen beendet -, dass die Unterbringung fortdauert, ohne dass dabei eine rasche erneute Prüfung der Sachlage zwecks Überprüfung der Notwendigkeit dieser Fortführung vorgesehen wäre; dass eine solche erneute Prüfung die einzige Maßnahme darstellt, welche eine Fortführung der Unterbringung zu rechtfertigen vermag; dass, da eine solche Möglichkeit nicht vorgesehen ist, die angegriffene Vorschrift nicht gewährleistet, dass die Unterbringung einer Person von Amts wegen in einer Krankenanstalt nur in den Fällen erfolgen darf, in denen eine solche Maßnahme im Hinblick auf den Gesundheitszustand des Kranken sowie die Sicherheit anderer Menschen und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung geeignet, notwendig und verhältnismäßig ist; dass der zweite Absatz von Artikel L. 3213-1 der Gesundheitsordnung daher gegen die genannten verfassungsrechtlichen Vorgaben verstößt;

  4. In Erwägung dessen, dass infolgedessen der gesamte Artikel L. 3213-1 der Gesundheitsordnung, mit dem diese Vorschrift untrennbar verbunden ist, für verfassungswidrig erklärt werden muss;

  • ÜBER DIE FORTDAUER DER UNTERBRINGUNG VON AMTS WEGEN:
  1. In Erwägung dessen, dass der Artikel L. 3213-4 der Gesundheitsordnung vorsieht, dass die Unterbringung nach Ablauf eines Monats für eine Dauer von bis zu drei Monaten fortgesetzt werden kann, wenn eine begründete Stellungnahme eines Psychiaters erfolgt ist; dass nach Ablauf dieses Zeitraums, die Unterbringung gemäß denselben Modalitäten für weitere, aufeinanderfolgende Zeitabschnitte von jeweils bis zu sechs Monaten fortgeführt werden kann;

  2. In Erwägung dessen, dass die Freiheit der Person nur dann angemessen geschützt ist, wenn ein Gericht schnellstmöglich mit dem Fall befasst werden kann; dass medizinische Gründe und der Zweck einer Behandlung, welche freiheitsentziehende Maßnahmen gegenüber einer unter einer geistigen Störung leidenden und gegen ihren Willen in der Krankenanstalt behandelten Person rechtfertigen, bei der Festlegung einer angemessenen Frist Berücksichtigung finden können; dass die Vorschrift des Artikels L. 3213-4, welche die Fortführung einer von Amts wegen erfolgten Unterbringung einer Person in einer Krankenanstalt auch nach Ablauf von vierzehn Tagen ohne Prüfung durch ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit erlaubt, aus denselben wie den in der oben genannten Entscheidung des Verfassungsrates vom 26. November 2010 festgehaltenen Gründen den Anforderungen, die sich aus Artikel 66 der Verfassung ergeben, nicht genügt;

  3. In Erwägung dessen, dass der Artikel L. 3213-4 der Gesundheitsordnung daher für verfassungswidrig erklärt werden muss;

  • ÜBER DIE RECHTSFOLGEN DER VERFASSUNGSWIDRIGKEITSERKLÄRUNG:
  1. In Erwägung dessen, dass Artikel 62 Absatz 2 der Verfassung bestimmt: „Eine gemäß Artikel 61-1 für verfassungswidrig erklärte Bestimmung ist ab der Veröffentlichung der Entscheidung des Verfassungsrates oder zu einem in dieser Entscheidung festgesetzten späteren Zeitpunkt aufgehoben. Der Verfassungsrat bestimmt die Bedingungen und Grenzen einer möglichen Anfechtung der Folgen der betreffenden Bestimmung“; dass wenngleich grundsätzlich die Partei, welche die vorrangige Frage zur Verfassungsmäßigkeit erhoben hat, einen Vorteil aus der Verfassungswidrigkeitserklärung erlangen soll und die für verfassungswidrig erklärte Bestimmung in zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsrates anhängigen Gerichtsverfahren nicht mehr angewendet werden darf, so behält die Vorschrift des Artikels 62 der Verfassung dem Verfassungsrat vor, den Zeitpunkt festzulegen, an dem die Aufhebung der verfassungswidrigen Norm eintritt, und zu bestimmen, ob und auf welche Art und Weise Rechtsfolgen angefochten werden können, die vor der Verfassungswidrigkeitserklärung auf der Grundlage der verfassungswidrigen Vorschrift eingetreten sind;

  2. In Erwägung dessen, dass die sofortige Aufhebung der Artikel L. 3213-1 und L. 3213-4 der Gesundheitsordnung jedoch das Ziel des Gesundheitsschutzes, sowie das Ziel der Vorbeugung von Störungen der öffentlichen Ordnung verletzen und offensichtlich unverhältnismäßige Folgen nach sich ziehen würde; dass daher der Zeitpunkt der Aufhebung dieser Bestimmungen auf den 1. August 2011 verschoben wird, um es dem Gesetzgeber zu ermöglichen, die festgestellte verfassungswidrige Situation zu bereinigen; dass vor diesem Zeitpunkt auf der Grundlage der für verfassungswidrig erklärten Bestimmungen ergriffene Unterbringungsmaßnahmen nicht auf der Grundlage dieser Verfassungswidrigkeit angefochten werden können,

ENTSCHEIDET:

Artikel 1 - Die Artikel L. 3213-1 und L. 3213-4 der Gesundheitsordnung sind verfassungswidrig.

Artikel 2 - Die in Artikel 1 ausgesprochene Verfassungswidrigkeitserklärung wird am 1. August 2011 gemäß den in der Erwägung Nr. 16 festgelegten Voraussetzungen wirksam.

Artikel 3 - Diese Entscheidung wird im Amtsblatt der Französischen Republik veröffentlicht und gemäß den Vorschriften des Artikels 23-11 der oben genannten gesetzesvertretenden Verordnung vom 7. November 1958 zugestellt.

Beschlossen durch den Verfassungsrat in seiner Sitzung vom 9. Juni 2011, an der teilgenommen haben die Damen und Herren Jean-Louis DEBRÉ, Präsident, Jacques BARROT, Claire BAZY MALAURIE, Guy CANIVET, Michel CHARASSE, Renaud DENOIX de SAINT MARC, Jacqueline de GUILLENCHMIDT, Hubert HAENEL und Pierre STEINMETZ.

Veröffentlicht am 9. Juni 2011.

Les abstracts

  • 4. DROITS ET LIBERTÉS
  • 4.18. LIBERTÉ INDIVIDUELLE
  • 4.18.4. Contrôle des mesures portant atteinte à la liberté individuelle
  • 4.18.4.1. Compétence exclusive de l'autorité judiciaire

Dans l'exercice de sa compétence, le législateur peut fixer des modalités d'intervention de l'autorité judiciaire différentes selon la nature et la portée des mesures affectant la liberté individuelle qu'il entend édicter.

(2011-135/140 QPC, 09 Juni 2011, cons. 5, Journal officiel du 10 juin 2011, page 9892, texte n° 66)
  • 4. DROITS ET LIBERTÉS
  • 4.18. LIBERTÉ INDIVIDUELLE
  • 4.18.4. Contrôle des mesures portant atteinte à la liberté individuelle
  • 4.18.4.14. Hospitalisation sans consentement des malades mentaux

L'hospitalisation sans son consentement d'une personne atteinte de troubles mentaux doit respecter le principe, résultant de l'article 66 de la Constitution, selon lequel la liberté individuelle ne saurait être entravée par une rigueur qui ne soit nécessaire. Il incombe au législateur d'assurer la conciliation entre, d'une part, la protection de la santé des personnes souffrant de troubles mentaux ainsi que la prévention des atteintes à l'ordre public nécessaire à la sauvegarde de droits et principes de valeur constitutionnelle et, d'autre part, l'exercice des libertés constitutionnellement garanties. Au nombre de celles-ci figurent la liberté d'aller et venir et le respect de la vie privée, protégés par les articles 2 et 4 de la Déclaration des droits de l'homme et du citoyen de 1789, ainsi que la liberté individuelle dont l'article 66 de la Constitution confie la protection à l'autorité judiciaire. Les atteintes portées à l'exercice de ces libertés doivent être adaptées, nécessaires et proportionnées aux objectifs poursuivis.

(2011-135/140 QPC, 09 Juni 2011, cons. 7, Journal officiel du 10 juin 2011, page 9892, texte n° 66)

L'article L. 3213-1 du code de la santé publique prévoit qu'une personne atteinte de troubles mentaux ne peut être hospitalisée d'office que si ses troubles nécessitent des soins et compromettent la sûreté des personnes ou portent atteinte, de façon grave, à l'ordre public. De tels motifs peuvent justifier la mise en œuvre d'une mesure privative de liberté au regard des exigences constitutionnelles qui assurent la protection de la liberté individuelle.
Ce même article prévoit, en son premier alinéa, que la décision d'hospitalisation d'office est prononcée par le préfet ou, à Paris, le préfet de police, au vu d'un certificat médical circonstancié qui ne peut émaner d'un psychiatre exerçant dans l'établissement accueillant le malade, et que l'arrêté est motivé et énonce avec précision les circonstances qui ont rendu l'hospitalisation nécessaire. Si l'article 66 de la Constitution exige que toute privation de liberté soit placée sous le contrôle de l'autorité judiciaire, il n'impose pas que cette dernière soit saisie préalablement à toute mesure de privation de liberté. Dès lors, la compétence du préfet pour ordonner l'hospitalisation d'office ne méconnaît pas les exigences tirées de l'article 66 de la Constitution.
Cet article prévoit, en son deuxième alinéa, que, dans les vingt-quatre heures suivant l'admission, un certificat médical établi par un psychiatre de l'établissement est transmis au représentant de l'État dans le département et à la commission départementale des hospitalisations psychiatriques. Dans l'hypothèse où ce certificat médical ne confirme pas que l'intéressé doit faire l'objet de soins en hospitalisation, les dispositions contestées conduisent, à défaut de levée de l'hospitalisation d'office par l'autorité administrative compétente, à la poursuite de cette mesure sans prévoir un réexamen à bref délai de la situation de la personne hospitalisée permettant d'assurer que son hospitalisation est nécessaire. Un tel réexamen est seul de nature à permettre le maintien de la mesure. En l'absence d'une telle garantie, les dispositions contestées n'assurent pas que l'hospitalisation d'office est réservée aux cas dans lesquels elle est adaptée, nécessaire et proportionnée à l'état du malade ainsi qu'à la sûreté des personnes ou la préservation de l'ordre public. Par suite, le deuxième alinéa de l'article L. 3213-1 du code de la santé publique méconnaît les exigences constitutionnelles en matière de protection de la liberté individuelle.

(2011-135/140 QPC, 09 Juni 2011, cons. 8, 9, 10, Journal officiel du 10 juin 2011, page 9892, texte n° 66)

L'article L. 3213-4 du code de la santé publique prévoit qu'à l'expiration d'un délai d'un mois, l'hospitalisation peut être maintenue, pour une durée maximale de trois mois, après avis motivé d'un psychiatre. Au-delà de cette durée, l'hospitalisation peut être maintenue pour des périodes successives de six mois selon les mêmes modalités.
La liberté individuelle ne peut être tenue pour sauvegardée que si le juge intervient dans le plus court délai possible. Les motifs médicaux et les finalités thérapeutiques qui justifient la privation de liberté des personnes atteintes de troubles mentaux hospitalisées sans leur consentement peuvent être pris en compte pour la fixation de ce délai. Pour les mêmes motifs que ceux retenus dans la décision n° 2010-71 QPC du 26 novembre 2010, les dispositions de l'article L. 3213-4, qui permettent que l'hospitalisation d'office soit maintenue au delà de quinze jours sans intervention d'une juridiction de l'ordre judiciaire, méconnaissent les exigences de l'article 66 de la Constitution.

(2011-135/140 QPC, 09 Juni 2011, cons. 12, 13, Journal officiel du 10 juin 2011, page 9892, texte n° 66)
  • 11. CONSEIL CONSTITUTIONNEL ET CONTENTIEUX DES NORMES
  • 11.8. SENS ET PORTÉE DE LA DÉCISION
  • 11.8.6. Portée des décisions dans le temps
  • 11.8.6.2. Dans le cadre d'un contrôle a posteriori (article 61-1)
  • 11.8.6.2.2. Abrogation
  • 11.8.6.2.2.2. Abrogation reportée dans le temps

L'abrogation immédiate des articles L. 3213-1 et L. 3213-4 du code de la santé publique méconnaîtrait les exigences de la protection de la santé et la prévention des atteintes à l'ordre public et entraînerait des conséquences manifestement excessives. Par suite, afin de permettre au législateur de remédier à l'inconstitutionnalité de ces articles, il y a lieu de reporter au 1er août 2011 la date de cette abrogation. Les mesures d'hospitalisation prises avant cette date en application des dispositions déclarées contraires à la Constitution ne peuvent être contestées sur le fondement de cette inconstitutionnalité.

(2011-135/140 QPC, 09 Juni 2011, cons. 16, Journal officiel du 10 juin 2011, page 9892, texte n° 66)
  • 11. CONSEIL CONSTITUTIONNEL ET CONTENTIEUX DES NORMES
  • 11.8. SENS ET PORTÉE DE LA DÉCISION
  • 11.8.7. Autorité des décisions du Conseil constitutionnel
  • 11.8.7.3. Portée des précédentes décisions
  • 11.8.7.3.3. Motivation par renvoi à une autre décision

Pour les mêmes motifs que ceux retenus dans la décision n° 2010-71 QPC du 26 novembre 2010, les dispositions de l'article L. 3213-4 du code de la santé publique, qui permettent que l'hospitalisation d'office soit maintenue au delà de quinze jours sans intervention d'une juridiction de l'ordre judiciaire, méconnaissent les exigences de l'article 66 de la Constitution.

(2011-135/140 QPC, 09 Juni 2011, cons. 13, Journal officiel du 10 juin 2011, page 9892, texte n° 66)
À voir aussi sur le site : Communiqué de presse, Commentaire, Dossier documentaire, Décision de renvoi CE, Décision de renvoi Cass., Références doctrinales, Vidéo de la séance.